Vom Leid des linken Wanderschuhs…

Auch Wanderschuhe haben Gefühle!
Auch Wanderschuhe haben Gefühle!

Hand aufs Herz! Wer von Euch hat sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie sich ein Wander­schuh beim Weit­wandern so fühlt?

Niemand? Eh klar, natürlich denkt wieder einmal jeder nur an sich selbst!

Doch erst kürzlich hatte ich die Gelegen­heit, meinen linken Wander­schuh dabei zu belauschen, wie er in einem unbeobachtet geglaubten Moment sein Leid vor sich hin klagte:

Wie so oft werde ich jäh aus dem Schlaf gerissen. Gemeinsam mit meinem Zwillingsbruder werde ich frühmorgens aus dem Schrank geholt.

Gleich kommt er wieder! Der Moment, der mir schon die ganze Nacht Alpträume beschert hat. Der Riese schickt sich an, seinen, in einem nicht mehr ganz geruchsfreien Socken steckenden Fuß in mich hinein zu schieben.

Besonders eilig scheint er es diesmal zu haben. Denn anstatt mich vorsichtig überzuziehen, quetscht er mich, zerrt an verschiedenen Stellen und drückt fest in mich hinein, bis sein Fuß endlich richtigen Halt gefunden hat. Nun zieht der Riese auch noch an meinen empfindlichen Bändern, biegt sie und verknotet sie. AU! DAS TUT WEH!

Gleich darauf ereilt meinen Bruder das gleiche Schicksal. Währenddessen kann ich mich nur kurz erholen, denn ich weiß schon, was als nächstes kommt:

Den ganzen Tag werde ich vom Riesen abwechselnd mit aller Kraft in den Boden gedrückt und gleich darauf wieder in hohem Bogen durch die Luft gewirbelt. DEN GANZEN TAG! Schlecht könnte einem werden von dieser ewigen Schaukelei…

Gerne würde ich mich einmal kurz mit meinem Bruder unterhalten. Doch sobald ich neben ihm auf dem Boden lande, hebt ihn der Riese auf und trägt ihn fort! Keine Sekunde haben wir Zeit für einander!

Erst wenn es dunkel wird, oder wenn ich Glück habe auch einmal zwischendurch, werde ich von dem Fuß befreit und kann nach Luft schnappen. Meist werde ich aber achtlos beiseite gestellt.

Es scheint dem Riesen Spaß zu machen, mich derart zu quälen, doch was er mit diesem Verhalten eigentlich bezweckt – ich weiß es nicht…


Seht ihr, auch ein Wanderschuh hat Gefühle! Nehmt doch das nächste mal etwas mehr Rücksicht auf Euren wichtigsten Ausrüstungsgegenstand! Dass er sich für die erlittenen Torturen mit einer Blase auf Eurer Ferse revanchiert, wollt ihr doch sicher nicht, oder?

Doch halt! Nicht nur die Wanderschuhe werden von Sorgen geplagt, auch die Weitwanderer selbst sind sehr sensible Wesen. Schneller als man glaubt wird ihre Seele von den vielfältigen Eindrücken am Wegesrand berührt.

Wos an weitwondra olas ens gmiad ged

de vaschtunkanen sockn
da schnoarcha auf da Hittn
da sunnanaufgong und wons wieda finsta wiad
da vadrahte Wegweisa
es qwöwossa
de nossn schuach
de wondakoatn und de makierung
es Wetter, des oiwei net passt
wonn’s z’haas is, wonn’s z’koit is, wonn’s dauand nur owaschifft
blosn auf‘d zechen, blosn auf da fersn
es losgehn, es aunkumman und ois zwischendrin
da schweinsbrotn am obnd
da letzte schluck schnops
de aussicht vom gipfi, es echo am berg
a des bequeme bett, waunst wieder daham bist
owa wos oiwei dabei is
is d’frische luft.

(frei nach H.C. Artmann, muss ich übersetzen?)


Natürlich ist Weitwandern nicht jedermanns Sache, manch einer ist lieber mit dem Auto mobil. Was aber, wenn die großen Autohersteller auf den Trend aufspringen und plötzlich Weitwandereditionen ihrer Boliden auf den Markt bringen? Wie klänge das?

So vielleicht:

Das neue Modell Weitwandern bietet 360° Panoramafenster mit herrlicher Aussicht. Sein innovatives Getriebe ermöglicht es, den einen oder anderen Gang herunter zu schalten. Die atemberaubende Höchstgeschwindigkeit beträgt 20 Kilometer pro Tag. Sein Motor verbraucht ausschließlich Frischluft, als einziges Geräusch ist gelegentlich beim Bergauffahren ein leises Schnaufen zu vernehmen.

WARNHINWEIS: Intensiver Gebrauch kann zu starkem Gewichtsverlust und einem veränderten Gemütszustand führen. Es besteht erhöhte Suchtgefahr!

Also ich hätte so einen Wagen gerne!


Hmmmm. Jetzt bin ich vielleicht eine Erklärung der obigen Texte schuldig.

Gestern und heute hatte ich die Möglichkeit ein Seminar Texte mit Pfiff von Werner Schandor an der Summer Business School der FH Joanneum zu besuchen. Dabei hatten wir zwei Tage die Gelegenheit, ein Thema aus allen möglichen Blickrichtungen zu beleuchten – natürlich bin ich beim Weitwandern gelandet.

Keine Sorge, wir haben auch seriösere Texte als die obigen produziert. Doch das Herangehen an das Thema aus ungewohnten Perspektiven – wann denkt man sonst schon die Gedanken eines Wanderschuhs? – hat uns geholfen, den einen oder anderen kreativen Gedanken in die “echten” Texte einfließen zu lassen.

Das Seminar hat mir großen Spaß gemacht, nach dem der Aufgabenstellung obligatorischen folgenden Oh mein Gott! sind alle Texte in wenigen Minuten ohne größeres Nachdenken aus den Fingern geflossen. Hoffentlich wird es nicht nur den einen oder anderen Blogartikel verbessern, sondern mir auch helfen, die oft technischen Inhalte meiner Arbeit besser verständlich an den Mann und die Frau zu bringen!



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4 Kommentare


  1. Fühlt sich dein rechter Schuh nicht vernachlässigt? Darüber solltest du auch mal nachdenken 🙂
    Schöner Bericht!
    lg Martin

    1. Author

      Also zumindest habe ich den rechten Schuh noch nicht beim Jammern ertappt! Das ist doch schon mal was… 😉

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