Schon lange träume ich davon, einen Weitwanderweg zu absolvieren. Besonders reizt mich der Eisenwurzenweg – vom Nord- zum Südzipfel Österreichs (Rottal im Waldviertel bis Seeberg­sattel in Kärnten). Aus Zeitgründen konnte ich das Vorhaben jedoch bisher nicht umsetzen – was auch wohl leider eine Weile so bleiben wird.

Trotzdem wollte ich zumindest für ein paar Tage die Wanderschuhe anziehen und einmal eine längere Strecke zu Fuß zurücklegen und fasste den steirischen Mariazellerweg ab Graz ins Auge. So schlimm konnte das nicht sein. In meiner Kindheit sind viele Bekannte immer wieder nach Mariazell gegangen, das war für mich etwas ganz normales – auch mir damals gar nicht klar war, wo Mariazell überhaupt liegt. Trotzdem erntete ich bei allen, die ich zum Mitwandern motivieren wollte, nur „entsetzte“ Reaktionen. Also entschloss ich mich allein zur Planung und begann zu recherchieren.

Die Informationen und Berichte im Internet sprachen alle von sechs Tagesetappen. Das hätte mich fast wieder abgehalten, soviel Zeit hatte ich nicht, mir schwebte eher ein verlängertes Wochenende vor. Nachdem ich mir den Weg auf der Karte angeschaut habe, dachte ich, es müsste auch in drei Tagen machbar sein. Dagegen sprach aber letztlich eine fehlende passende Übernachtungsmöglichkeit nach dem zweiten Tag. Letztendlich entschied ich mich, die Tour in vier Tagen anzugehen, was sich im Nachhinein als goldrichtig herausgestellt hat.

Meine Versuche, Mitwanderer zu motivieren, fruchteten dann zumindest teilweise doch noch. Orotl wollte mich zumindest den ersten (und “vielleicht” den zweiten) Tag begleiten, ab Tag drei würde RandomTox mein Weggefährte sein.

Tag 1: Graz – Schöckl – Passail

Als Treff- und Startpunkt hatte ich mit Wanderfreund Orotl den Hilmteich vereinbart. Und da ich ja nach Mariazell gehen und nicht fahren wollte, kam für mich eine Anreise per Straßenbahn nicht infrage und so hatte ich eine dreiviertel Stunde extra Anmarsch. Also brach ich am 15. August 2007 um 6:15 Uhr in Richtung Hilmteich auf, wo Orotl schon auf mich wartete (und angesichts meines Vorhabens zum wiederholten Mal meinen/unseren Geisteszustand in Frage stellte).

Diesen Schildern bitte folgen...
Diesen Schildern bitte folgen…

Am Hilmteich fand sich an einem Laternenmast auch schon die erste rot-weiß-rote 06er Markierung, diese sollte mich nun vier Tage begleiten. Schon bald zeigte sich das erste Mal der Schöckl, der „Höhepunkt“ der heutigen Etappe. Über den Roseggerweg ging es Richtung Mariatrost und noch vor der Wallfahrtskirche trafen wir weitere Wanderer am Weg nach Mariazell („Geht’s ihr auch so weit wie wir?“ – „Wo geht’s ihr denn hin?“ – „Nach Mariazell“ – „Wir auch.“).

An der Kirche vorbei ging es hinunter ins Tal, auf der anderen Seite gleich wieder hinauf zum Sternwirt und dann abwärts nach Niederschöckl. Auf dem Weg nach Rinnegg fand sich eine Gelegenheit für die erste Jausenpause, danach verlief der Weg weiter nach Sankt Radegund wo wir uns noch einmal für den Anstieg auf den Schöckl stärkten.

Gegen 13 Uhr waren wir dann am Stubenberghaus, im Nachhinein gesehen war dieser Anstieg der anstrengendste Teil der vier Tage. Wie eine Ewigkeit kam es uns vor, dank der Sonne, die auf uns herunter brannte und unserer bereits zum Mittagessen vorausgeeilter Gedanken. Das Stubenberghaus war wegen des Feiertags und Prachtwetters überfüllt, trotzdem schaffte es das Team, uns binnen kurzer Zeit eine Mahlzeit auf den Tisch zu zaubern.

Danach ging es (fast) nur bergab, zum Schöcklkreuz, unter der Burgstaller Höhe vorbei nach Burgstall und Arzberg und von dort nach Passail unserem ersten Etappenort.

Am Ende des ersten Tages
Am Ende des ersten Tages

Tag 2: Passail – Sommeralm – Straßegg – Schanz

Der zweite Tag begann mit Orotls Entscheidung, doch mit dem Bus nach Graz zurück zu fahren. 🙁

Also verließ ich Passail allein Richtung Norden und schon bald bog der Weg von der Straße ab und ich hatte die Gewissheit, für längere Zeit keinen Asphalt mehr unter den Füßen spüren zu müssen. Bei Kriechenlee begann der Anstieg Richtung Sommeralm. Diese war erstaunlich schnell erklommen, am Weg dorthin bot sich von der Ochsenhalt ein wunderbarer Rückblick auf den bereits zurückgelegten Weg, immer wieder lachte mich der Schöckl an, bis er knapp nach der Sommeralm aus meinem Blickfeld verschwand. Auf der Sommeralm legte ich beim Alpengasthof noch eine kurze Pause ein, doch für das Mittagessen war es noch zu früh und es wurde somit auf „später“ verschoben (d.h. ein Packerl Schnitten irgendwo am Weg).

Wunderschön war der Weg von der Sommeralm zum Straßegg, unterwegs traf ich wieder ein „Rudel“ Wallfahrer, die am selben Tag vom Rechberg gestartet waren. Nach dem Straßegg kam einer der schönsten Teile des Weges zum Knappensattel. Eine unglaubliche Anzahl an Wegkreuzen wurde hier durch die verschiedenen Wallfahrergruppen errichtet. Schon etwas müde ging es dann weiter zum Gasthof auf der Schanz, meinem zweiten Etappenort, wo ich mich über Dusche, Cordon Bleu und Bett freute.

Tag 3: Schanz – Mitterdorf/Mürztal – Pretalsattel – Rotsohlalm

Ab heute bekam ich wieder Begleitung, RandomTox kam gerade rechtzeitig zum Frühstückskaffee auf der Schanz an. Das Wetter schien heute nicht so freundlich zu sein und es sah die meiste Zeit so aus, als ob es gleich zu regnen beginnen würde, dementsprechend zügig waren wir meist unterwegs.

Nach dem gemütlichen Weg zur Stanglalm ging es steil hinab nach Mitterdorf im Mürztal, wo wir beim örtlichen Spar unsere Vorräte auffüllten und am Hauptplatz eine Jausenpause einlegten. Dann mussten wir allerdings die eben erst verloren Höhenmeter wieder gutmachen und es ging auf Forststraßen hinauf zur Hundskopfhütte, wo uns der Wirt sein Supperl quasi aufdrängte. Das war aber eh eine gute Idee, denn die nächsten fünf Stunden bis zum Ende der Etappe am Fuße der Hohen Veitsch gab es keine Einkehrmöglichkeit mehr.

Muuuh!
Muuuh!

Der Weg zum Pretalsattel und von dort zur Rotsohlalm war zwar lang und einsam aber wunderschön. Die Regenwolken wurden immer bedrohlicher, aber erst als wir in der Hütte angekommen waren und bereits am sensationeller Schweinsbraten naschten, öffnete der Himmel seine Schleusen.

Tag 4: Rotsohlalm – Hohe Veitsch – Niederalpl – Mariazell

Der vierte Tag begann mit dem festen Vorsatz, nicht über die Hohe Veitsch zu gehen. Und so machten wir uns auf den direkten Weg Richtung Niederalpl. Doch als nach ein paar Minuten der Gipfel der Hohen Veitsch im Sonnenlicht erstrahlte, konnten wir nicht anders, als unsere Meinung zu ändern. Wir schlugen uns querfeldein zum Teufelssteig durch und stiegen über diesen zum Gipfel auf, von wo sich uns eine sensationelle Aussicht bot.

Am Gipfel der Hohen Veitsch
Am Gipfel der Hohen Veitsch

Bis zum Niederalpl ging es nun bergab, unvergessen wird uns die Jause inmitten einer Herde neugieriger Kühe bleiben, die wir regelmäßig auf Distanz halten mussten. Weiter führte der Weg zur wunderschönen Herrenboden Alm, wo wir uns ein letztes Mal stärkten. Von nun an ging es fast nur mehr bergab ins Tal in Richtung Mariazell.

Am allerletzten Kilometer, der „Pilgerautobahn“ entlang der Bundesstraße, überholten wir trotz unseres weiteren Anmarsches noch viele Pilger, die wohl gerade erst aus aus dem Auto/Bus gestiegen sind.

Bei der Ortstafel von Mariazell haben wir noch schnell ein Erinnerungsfoto geschossen und dann waren es nur ein paar Minuten bis zum Ortszentrum und der Basilika.

Endlich geschafft!
Endlich geschafft!

Nachlese

Nun versteh ich auch den Spruch Wer einmal nach Mariazell gegangen ist, geht immer wieder. Es war ein schönes Erlebnis, einmal eine weitere Distanz – immerhin an die 130 km – ausschließlich zu Fuß zurückzulegen. Landschaftlich war’s sehr schön, auch wenn hier nicht die höchsten Gipfel das Ziel sind.

Die Wegfindung war nie ein Problem, (fast) alle Abzweigungen sind bestens beschildert und markiert. Sofern man immer im voraus auf der Karte schaut, wie es weitergeht, kann man den Weg nicht verfehlen. Ein einziges Mal war ich unaufmerksam und bog an falscher Stelle in den Wald ab, doch nach wenigen Metern war klar: hier stimmt was nicht!

Ich kann das „Abenteuer Mariazell“ nur empfehlen! Wer es lieber gemütlich hat, soll den Weg auch auf fünf oder mehr Tage aufteilen. Viele Wanderer starten auch am Rechberg, was den Vorteil hat, dass man sich den eher asphaltlastigen ersten Tag sowie den Anstieg zur Sommeralm erspart. Andere Varianten des Mariazellerwegs starten in Wien, Linz, Klagenfurt, Eisenstadt und dem Waldviertel.

Wie schon gesagt, wer einmal geht, geht immer wieder. Auch 2008 möchte ich mich wieder auf den Weg nach Mariazell machen, Mitwanderer sind herzlich willkommen. Orotl hat schon aufgezeigt, er ärgert sich eh schon grün und blau, dass er nur am ersten Tag dabei war.


Update 2017: Mittlerweile bin ich schon mehrfach nach Mariazell ‘gepilgert’. Als besonders schön empfand ich die Tour über die selten begangene 06B-Route über Krieglach und Mürzsteg.



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10 Kommentare

  1. Hallo Gert!

    Drei Freunde und ich haben vor heuer im August mit drei Lamas nach Mariazell zu wandern. ( haben vorigen Sommer schon einen zwei Tages Trip absolviert! ) Kannst Du uns da eventuell eine gute Route empfehlen, auf der man nicht zu viel Asphalt und steigungen hat. Deine route vomSchöckel aus klingt ganz gut! Bitte um eine kurze Rückmeldung wenn du Zeit hast. Würde mich sehr über jede Information oder Tipps freuen!!!
    Gruß aus Leibnitz – Gerald, Bruno, Jürgen und Manfred

    1. Author

      Hallo Gerald,

      Wenn du Asphalt und Steigungen vermeiden willst, könntest du auf der Sommeralm (oder am Rechberg wie viele andere Wallfahrer) starten und von dort den offiziellen Mariazellerweg (06) gehen, dann ist die einzige größere Steigung die Durchquerung des Mürztals.

      Ich weiss leider nicht, welche speziellen “Anforderungen” bzw. “Einschränkungen” die Lamas haben, aber ich denke, das sollte gehen…

      Als Wanderführer kann ich das Buch “Pilgerwege nach Mariazell” empfehlen, da steht alles wichtige drin, nur Karten benötigst du extra.

      Liebe Grüße,
      Gert

      1. Hallo Gert,
        kannst du mir vielleicht ein Kartenmaterial von Graz nach Mariazell empfehlen?
        Dein Bericht ist schon einmal super und in 14 Tagen mache ich mich auf den Weg – aber alleine und
        ich bin eine ziemlich orientierungslose Nuss.
        Bis Passail bin ich vor einer Woche gegangen – bis zur Kirche … den Weg kenne ich nun 🙂
        In der Hoffnung, dass du mir etwas Empfehlen kannst,
        grüsst herzlich
        Margit

        1. Author

          Servus Margit,

          ich würde dir den Wanderführer “Pilgerwege nach Mariazell (West + Süd)” von Erika und Fritz Käfer nahelegen, da findest du eine Wegbeschreibung, Informationen zu Quartieren etc. und zumindest Übersichtskarten.

          Wenn du die Österreichische Karte im Maßstab 1:50.000 mitnehmen willst brauchst du die Blätter 4229 Graz, 4223 Weiz, 4217 Kindberg, 4211 Neuberg an der Mürz und 4210 Mariazell. Online (aber mühsam zu bedienen) gibt’s die gleichen karten hier.

          Als Onlinekarte finde ich waymarkedtrails ganz brauchbar, da ist der Weg komplett verzeichnet (beide Varianten). Und hier lässt sich die Kompass-Karte ganz gut ausdrucken.

          Wünsche dir viel Spaß am Weg und gutes Ankommen in Mariazell!
          Gert

  2. Nun bin ich bereits das 2.Mal über deinen Bericht gestolpert und ich denke….heuer Mitte August,also in 14 Tagen geh ich’s auch an. Ich bin heuer im Mai die Hälfte des nördlichen Jakobswegs bereits gegangen und genau deswegen habe ich Bedenken-da es ja keinerlei Herbergen gibt-ob
    ich wirklich überall die Zimmer vorreservieren muss, oder findet man immer ein Bett? Wie ist’s dir diesbezüglich ergangen. Liebe Grüsse aus dem Süden von Graz, Michaela

    1. Author

      Ich mach’s beim Weitwandern immer so, dass ich frühestens am selben Tag anrufe, wenn ich weiß, wie weit ich gehen werde. Oft tauche ich auch unangemeldet auf.

      Was hilft, ist explizit zu sagen, dass man (Weit-)Wanderer ist (Grüß Gott, ich geh nach Mariazell, haben Sie ein Zimmer frei?) und falls nichts frei ist, gleich nach Alternativen (Nachbar etc.) erkundigt. Die meisten haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie nichts anbieten können und helfen dann doch gerne irgendwie weiter.

      Es hat sich noch jedes Mal etwas gefunden 🙂

  3. Servus Gert,
    bin am Samstag von Passail bis zur Weitzer Hütte etc. und dann Richtung Raab Ursprung retour nach Passail- mit einem Bekannten. Wäre mich 3x vergangen auf dem Weg nach Mariazell.
    Werde mich doch einer Gruppe anschließen – es war sogar ein Wegkreuz in die falsche Richtung gedreht … Unkundigen empfehle ich ebenso, zumindest das erste Mal, nicht alleine zu “zellern”.
    VIELEN DANK für den Kartentipp – werde ich mir trotzdem besorgen. Das Bücherl hab ich schon bestellt …

    Schönes Wandern in der heurigen Saison UND VIELEN DANK für die tollen Berichte!

    LG
    Margit

  4. Hallo Gert,

    Wir möchten in ein paar Wochen nach Mariazell starten, sind uns wegen der Einkehr-/Übernachtungsmöglichkeiten aber recht unsicher. Kannst du uns da weiterhelfen? Den ersten Tag hätten wir bis zur Weizer Hütte geplant……..

    Liebe Grüße,
    Stefanie

  5. Hallo!
    Super dein Artikel! Danke fürs Teilen.
    Ich hab vor den Weg nächste Woche zu gehen (Start: sommeralm nach Mariazell)
    Meine Frage: gibt es auch zwischen den Etappen Übernachtungsmöglichkeiten ? Ich hab genug Zeit, wandere zwar gerne aber hab vor eher gemütlich zu gehen und weniger km täglich zurückzulegen. Danke für die Info. LG Katrin

    1. Author

      Hallo Katrin,

      Ja, klar gibt’s weitere Übernachtungsmöglichkeiten. Darf ich dir dieses Bücherl ans Herz legen, das steht alles drin.

      Wünsche dir eine schöne Wanderung!
      Gert

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