Nach dem letztjährigen Fels- und Eiskurs auf der Rudolfshütte haben wir uns ja auf eine Fortsetzung im Jahr 2011 in der Venedigergruppe geeinigt.
Es war wieder die gleiche Gruppe dabei: Orotl, LaVic, rutschger und ich, sowie Günter und Alfred (a.k.a. “Die Pitniks”). Susanne fiel hingegen babybauchbedingt dieses Jahr aus. Und Gerald, unser Bergführer, wird uns sicher wieder einen lehrreichen Kurs und schöne und sichere Tourentage bescheren.
Bei zwei Treffen im Vorfeld hat Gerald uns schon mit potentiellen Tourenzielen den Mund wässrig gemacht: In der engeren Auswahl stehen die Schlieferspitze (3290m), der Keeskogel (3291m), der Große Geiger (3360m) sowie natürlich der Großvenediger (3662m).
Tag 1: Aufstieg zur Hütte
Treffpunkt mit der Truppe ist der Parkplatz “Hopffeldboden”, von hier aus geht es mit dem Hüttentaxi weiter taleinwärts. Etwa 900 Höhenmeter und viele, viele Kilometer Forststraßenhatscher erspart uns das. Nicht ganz billig (12 Euro pro Person inklusive Gepäck), aber gut investiertes Geld. Bei der Talstation der Materialseilbahn zur Hütte endet die Fahrt.
Apropos Materialseilbahn: Unsere Rucksäcke nehmen diese Abkürzung natürlich in Anspruch, wir selbst wandern gemütlich die 600 Höhenmeter hinauf zur Kürsingerhütte auf 2558m.
Die Kürsingerhütte entpuppt sich als sehr komfortabel, wir können jeweils zu zweit ein Dreibettzimmer nutzen. Jeden Abend gibt es drei Menüs zur Auswahl, jeweils bestehend aus Suppe, Salat, Hauptspeise und Nachspeise. Und ganz besonders: kein Handyempfang – den gab’s nur auf den Gipfeln rundherum!
Das Wetter ist sommerlich warm und wir genießen noch den ein oder anderen Drink auf der Terrasse sowie das traumhafte Bergpanorama. Gipfel und Gletscher überall.
Link: Orotls Bericht vom Aufstieg zur Hütte
Tag 2: Regen- & Übungstag
Für heute war Schlechtwetter angesagt, unsere Hoffnungen, dass es den Süden Salzburgs nicht ganz so stark trifft, erfüllen sich leider nicht. Gut, dass heute Seiltechnik und die Wiederholung der Spaltenbergungstechnik aus dem Vorjahr am Programm steht.
Seiltechnik lässt sich auch drinnen üben, wir nutzen ein leeres Lager mit einer recht originellen Kletterwand um das Anseilen zu üben, Stände zu bauen, Seil aufzunehmen, zu verkürzen und wieder zu verlängern.
Am Nachmittag wollen wir in den Klettergarten um dort die Spaltenbergungstechnik (Lose Rolle) zu perfektionieren, nach einigen vergeblichen Aufschiebungsversuchen der Marke In einer Stunde wird’s sicher schöner! beginnen wir damit dann doch im Regen.
Auf jeden Fall besser als in der Hütte Kuchen um Kuchen zu verdrücken (nicht, dass der Kuchen schlecht gewesen wäre…) und unserer Erinnerung an die verschiedenen Handgriffe hilft es auch auf die Sprünge.
Links: Orotl macht Trockenübungen im Regen und Fotos der Nixtuer.
Tag 3: Keeskogel über den Südostgrat (3291m)
Heute steht eine Tour auf den Hausberg der Hütte, den 3291m hohen Keeskogel, an. Den Normalweg nehmen wir nur im unteren Teil, knapp unter der 3000m Marke queren wir weglos nach rechts, um den Südostgrat zu erreichen.
Von dort wollen wir in leichter Kletterei (II-IIIer Grad) den Gipfel stürmen. Drei Seilschaften werden gebildet – bei mir hängt Orotl am anderen Seilende – und wir setzen das am Vortag Gelernte in der Praxis um.
Es wird eine schöne Genusskletterei, nur kommen wir langsamer vorwärts als gedacht – erst gegen 15 Uhr erreichen wir den Gipfel. Hinunter nehmen wir den Normalweg, der uns direkt zur Hütte bringt.
Einen ausführlicheren Bericht der Tour auf den Keeskogel gibt es hier! Und da können die Fotos der Nixtuer bewundert werden.
Tag 4: Großvenediger via Westgrat
Wegen dem vorhergesagten schönen und stabilen Wetter haben wir die Tour auf den Großvenediger um einen Tag vorgezogen. Wie schon am Keeskogel, interessiert uns der “Normalweg” hier nur für den Abstieg.
Nach etwa 45 Minuten biegen wir vom Weg ab, queren die Zunge des westlichen Teils des Obersulzbachkees, steigen über ein 30° Eisfeld und (noch) harten Firn hinauf in Richtung Westgrat. Immer wieder müssen wir uns den Weg zwischen den Gletscherspalten suchen, Orotl sieht sich auch eine Spalte etwas genauer “von innen” an – mittels Mannschaftszug wird er aber schnell wieder aus seiner misslichen Lage befreit.
Über den Westgrat kletteren wir in 2er-Seilschaften zum Gipfel, den wir ganz für uns alleine haben. Runter geht es dann durch die Venedigerscharte den langen Weg (übrigens wieder mal mein geschätzter Zentralalpenweg 02) durch die Schnee- und Eiswüste des Obersulzbachkees zur Kürsingerhütte.
Meinen ausführlichen Tourenbericht gibt es hier.
Tag 5: Übungstag am Keeskogel
Nach dem gestrigen 13-Stunden Tag sind wir uns einig, heute wieder kleinere Brötchen zu backen. Ein Übungstag steht an.
Ein Gipfel muss sein! meint Gerald, daher gehen wir zuerst zum Kürsinger Eck (2865m) – einem schönen Aussichtspunkt.
Dann steigen wir weiter auf, bis zu einem Schneefeld unter dem Gipfel des Keeskogels. Dort lernen wir, wie wir mit Hilfe der Karabinerknicksicherung, im Firn (aus-)rutschende Mitwanderer, sichern und notfalls auch stoppen können.
LaVic zeigt’s vor:
LaVic stoppt den rutschenden rutschger mittels Karabinerknicksicherung
Rutsch-Compilation
Nach dem anstrengenden Auf und Ab im Schneefeld gehen wir zurück zur Hütte – Mittagspause.
Nach der verdienten Pause mit dem ebenso verdienten Schwarzbeerkuchen suchen wir uns im Umkreis der Hütte einen geeigneten, überhängenden Felsen um das Aufsteigen am Seil mittels Prusikschlingen und die Münchhausentechnik (“wie ziehe ich mich selber aus einer Gletscherspalte?”) zu lernen/üben.
Orotl prusikt seinen Body nach oben
Link: Die Fotos der Nixtuer
Tag 6: Zwei aus Sieben auf der Schlieferspitze (3290m)
Der letzte Tag auf der Hütte, da muss eine gescheite Abschlusstour her! Schon die ganze Woche lacht uns die Schlieferspitze auf der anderen Seite des Obersulzbachtals an, heute soll sie fallen…
Nicht ganz einfach: Ein 350 Höhenmeter tiefes Tal muss zweimal durchquert werden, eine grausliche Schuttrinne auf und wieder abgestiegen werden. Nach und nach bröseln die Mitwanderer weg (ich kann sie alle verstehen…), wir erleben ein Gewitter auf einem Grat in 3100m Höhe, das so schnell verschwindet wie es gekommen ist, jedoch unsere Pickel zum Surren bringt. Einige ausgesetzte Klettereien im IIIen Grad (versprochen hat die Literatur nur einen Ier) ein steiles Firnfeld später stehe ich mit Gerald am Gipfel.
Jede Menge Eindrücke die ich nicht so schnell vergessen werde… Einen detaillierten Tourenbericht gibt es hier! Und hier gibt’s die Fotos der Nixtuer, die auf halbem Weg kehrt gemacht haben.
Tag 7: Abstieg
Jede Woche geht einmal zu Ende, natürlich auch diese hier. Heute ist Ausschlafen angesagt, dann steigen wir hinab zur Talstation der Materialseilbahn, wo wir erst auf das Gepäck und dann das Taxi zum Hopffeldboden warten.
Rutschger kutschiert uns sicher nach “Rottenmann” bzw. nach Graz. Zum Wiederauffüllen der geleerten Kalorientanks stoppen wir noch beim Schachtelwirt in Haus im Ennstal, bald hat uns aber das Flachland mit seiner “dicken Luft” wieder…
Vielen Dank an alle Mitwanderer und an unseren Guide Gerald für diese schöne und auch lehrreiche Tourenwoche!
Sie hat mir viel Freude bereitet und zwischendurch auch jede Menge Spaß gemacht! 😉
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