Ruhig.
Gibt es ein Wort, welches die herbstlichen Zeller Staritzen perfekt beschreibt, so ist es vermutlich dieses. Das Weidevieh hat sich bereits ins Tal zurückgezogen, die zweibeinigen Hüter sind mit ihm fortgegangen.
Und Touristen verirren sich nur selten hier herauf. Sag mir, warum ist das so?
Vielleicht weil es keinerlei gastronomische Infrastruktur gibt? Im Sommer kredenzen die beiden Halterhütten immerhin Getränke und einfache Speisen, Berichte im Internet sprechen sogar von rustikalen Schlafplätzen. Aber um diese Zeit? Nichts. Nada. Einsamkeit.
Oder weil ihre Aflenzer Schwestern die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen? Über die Zeller Staritzen kommt man eben nicht auf den Hochschwab und einige hundert Meter niedriger sind sie auch noch. Mag sein.
Nichts davon spricht wirklich gegen einen Besuch dieser herrlichen Almlandschaft, aber der gemeine Wanderer sucht sich doch ein anderes Ziel. Zugegeben: Ich bisher auch. Doch heute ist es an der Zeit, diese Bildungslücke zu schließen.
Noch am Seebergsattel schwant uns Übles in Form von Wolken und dichtem Nebel um die Ohren und lässt uns beinahe umdisponieren – Oder fahr’ma nach Mariazell? Die Zeit, die wir uns am Sattel für die Besichtigung des Weitwander-Denkmals nehmen – hier verlaufen zwei Europäische Fernwanderwege – ist gut investiert, denn auf den verbleibenden Kilometern nach Wegscheid zeigt der Himmel mehr und mehr von seinem blau.
Mariazell kann warten! Wir zweigen ab ins Ramertal und parken bei einer ehemaligen Schottergrube. Auf einer Straße der Bundesforste marschieren wir ins Türntal, eingeschlossen zwischen hohen Felswänden wird der Weg steiler und steiler.
Endlich erreichen wir die Hochfläche der Zeller Staritzen und können unser Glück kaum fassen: Rundum hüllen sich die Gipfel in Wolken, nur hier lacht die Sonne vom blauen Himmel.
Mit dem Zinken haben wir uns ursprünglich den höchsten Punkt als Ziel vorgenommen, doch bereits bei der Kuhalm und der Gredlhöhe rufen wir das Ende dieses Almspaziergangs aus. Weiter wollen wir Petrus’ Wohlwollen nicht strapazieren und unserem Zeitbudget sind ebenfalls Grenzen gesetzt. Wir kommen wieder und erkunden den Rest!
Hinunter kürzen wir durch den Saugraben ab. Er ist gut markiert und wird doch hauptsächlich von Rindsvieh benutzt. In punkto Wegbeschaffenheit kann er hingegen seinem Namen trotzdem alle Ehre machen. Sumpf, Steine, erst gegen Ende hin zeigt er sich versöhnlich.
Auch wenn es der Kalender schon länger ankündigt, der Herbst lässt sich nun nicht mehr verleugnen. Wenige Wochen noch, dann werden die Blätter nach einem letzten feuerroten Aufbäumen langsam zum Winterschlaf auf den Boden sinken.
Fazit: 14 Kilometer. 700 Höhenmeter. 4½ Stunden. Keine Menschenseele.