Andere belohnen sich mit Schokolade, ich gehe 50+ Kilometer zu Fuß.
Erst zu mitternächtlicher Stunde von einer anstrengenden (aber erfolgreichen!) Dienstreise zurückgekehrt, packe ich frühmorgens schon wieder den Rucksack. Ausschlafen kann ich auf der langen Bahn- und Busreise ins Burgenland immer noch…
Um 13 Uhr sehe ich am Hauptplatz von Kobersdorf dem Postbus hinterher, der mich eben hier abgesetzt hat. Und erfreue mich der Weitwanderwegmarkierungen an einem alten Baum. Nur deretwegen bin ich nämlich hier!
Eine Lücke am Ostösterreichischen Grenzlandweg (vlg. 07er) möchte ich schließen. Doch halt! Gewandert bin ich diesen Abschnitt schon, jedoch verteilt auf mehrere kleine Spaziergänge und in der Dokumentation klafft auch eine Riesenlücke, nur einzelne Fotos finde ich auf meiner Festplatte.
Tag 19: Kobersdorf – Kirchschlag
Somit setze ich heute eine Tour vom letzten September fort, damals sind wir vom Westufer des Neusiedlersees hierher spaziert.
Der Judensteig führt mich hinauf zur schönen Ruine Landsee. Der Weg zeigt sich verwachsener als ich ihn in Erinnerung habe und gleicht stellenweise einem Kampf gegen Brombeerranken. Das ist wohl der Jahreszeit geschuldet, mein letzter Besuch fand noch vor Beginn der Vegetationsperiode statt.
Am Ortsende von Landsee macht der 07er etwas, was er in dieser Gegend häufig tut: Er teilt sich! Eine Variante führt übers Burgenland in die Südoststeiermark. Ich folge jedoch dem Hauptweg, welcher dem Hochwechsel zustrebt.
Hinunter zur Rotte Blumau (so die Ortstafel) muss ich, dann wieder hinauf in das Dörfchen Stang. Nun verlässt mich der zweite hier verlaufende Weitwanderweg, der 02er. Ich biege nach Süden ab, nicht mehr weit ist es bis Kirchschlag in der Buckligen Welt.
Am Hauptplatz angekommen spaziere ich schnurstracks zu meinem im Internet recherchierten Quartier. Davorstehend sieht es plötzlich gar nicht mehr so einladend aus, daher disponiere ich um und lande im Hotel Post, wo ich mich gut aufgehoben fühle.
Tag 20: Kirchschlag – Schäffern – Pinggau
Heute zeigt mir die Bucklige Welt, woher sie ihren Namen hat. Keinen Hügel lässt der 07er hier aus, dafür hält sich der Asphaltanteil sehr in Grenzen.
Ich starte im Nebel, doch je höher ich komme desto vielsprechender wird das Wetter. Aber erst am Gipfel des Hutwisch (896m) bzw. dessen Aussichtswarte (plus 22m) werde ich meinen Kopf durch die Nebeldecke stecken können.
Hochneukirchen, Hattmannsdorf, Gschaidt und Schäffern heißen die nächsten Ortschaften, immer schön brav durch einen Hügel oder Graben voneinander getrennt, damit es ja nie langweilig werden kann.
Mittlerweile sind die Temperaturen in einen derart erfreulichen Bereich geklettert, dass ich mir sogar eine Pause auf einem Bankerl leisten kann. Aber wehe, die Sonne versteckt sich einmal kurz hinter einer Wolke, da wird dann flott weitermarschiert!
Nach Schäffern erwartet mich ein längerer Anstieg im wiederkehrenden Nebel. Doch man sorgt für Unterhaltung und Spannung, gegeben wird ein Jagdstück in drei Akten.
Gipfelraster:
Grüß Gott!
Erster Waidmann: (kommt eilig aus dem Gebüsch, seine Hose hochziehend)
Griaß di!
Dank meines überraschenden Auftritts liegt seine Flinte noch im Korn Gebüsch am Wegesrand. Ein beherzter Griff meinerseits und ich wäre von uns beiden der bewaffnete gewesen. Da hätten wir gleich ganz eine andere Gesprächsbasis gehabt! So findet jedoch kein weiterer Informationsaustausch statt.
Fünf Minuten und einige hundert Meter später wird sein Waidmannsfreud konkreter:
Zweiter Waidmann: (jung, stramm am Wegesrand stehend):
Sie san mitten in ana Treibjagd!
Gipfelraster:
Aha, hätte ich das irgendwie erkennen können?
Zweiter Waidmann: (stockt)
Äh…
Aber wenn’s am Weg bleiben, kann eigentlich eh nix sein…
Dermaßen außerordentlich beruhigt ziehe nicht nur ich, sondern auch weitere fünf Minuten ins Land bis zum Auftritt des dritten Jägers.
Dritter Waidmann: (älter, selbstbewusst)
Hier ist Jagdbetrieb, es ist besser Sie kehren um!
(im Tonfall jedoch klarstellend, was gemeint ist): Das ist unser Wald!
Gipfelraster:
Aber ihr Kollege hat gesagt….
Dritter Waidmann: (mit großer Geste)
Na, dann gehn’s halt da hinten!
Obwohl fest darauf vertrauend, dass mich meine grüne Haube ohnehin als nicht jagdbares Wild ausgewiesen hätte, leiste ich artig Folge und verlege meine Route nach da hinten. Denn ich weiß: nur wenige Hundert Meter später wird sich die 07er-Markierung vom Jagdgebiet abwenden und ich mich dem kleinen Ort Steirisch Tauchen zu.
Am dortigen Bahnhof könnte ich nun – zwei Stunden lang – auf meinen Zug warten. Da mich das naturgemäß wenig freut beschließe ich, noch ein Stück weiter zu wandern.
Wieder einmal spielt der 07er den Spaltpilz und verteilt sich auf zwei Varianten: eine verläuft über den Hochwechsel und die andere um selbigen herum. Auf letzterer – 07A lautet ab sofort meine Markierung – marschiere ich weiter bis zum nächsten Bahnhof. Somit komme ich auf dieser Tour schließlich noch zu einem mir unbekannten Abschnitt.
Außer dem wackeligen Brückerl über die noch junge Pinka warten zwei sanfte Bergrücken auf ihre Überquerung, ab der Hundsmühle folgt ein langer Talauswärtsspaziergang, der mich in die Zivilisation zurück bringt.
Gut acht Stunden und 36 Kilometer nach meinem Aufbruch in Kirchschlag i.d.b.W. plündere ich schließlich die letzten Leberkäsevorräte des Supermarkts in Pinggau. 1300 Höhenmeter haben sich heute summiert, die Bucklige Welt trägt ihren Namen schon mit gutem Grund.
Die Heimfahrt von Pinggau mit dem Regionalzug darf zu Recht als beschaulich bezeichnet werden, doch dank Direktverbindung nach Graz können die Beine fast drei Stunden in hochgelagerter Position verbleiben. Zur Sicherheit stelle ich gleich nach dem Einsteigen den Wecker, es war ein langer Tag.
Die Brücke über die Pinka hat einen Verwandten auf der Flattnitz!
Ah, den Verwandten kenn ich auch 😉
Was 09er Begeher alles kennen… 😉
Was den Hutwisch betrifft, hast du mir Sonnenschein voraus. War heuer drei mal oben, drei mal Nebel…
Schöner Bericht, interessante Jagderfahrung. 🙂
Da hatte ich wohl Glück, schon bei meinem zweiten Besuch zumindest ein bisschen Aussicht zu haben. Laut den Panoramatafeln muss die Fernsicht an einem klaren Tag ja wirklich beeindruckend sein!