Rund um den Arzwaldgraben

Nein, den Arzwaldgraben muss man nicht unbedingt kennen.

Wirklich schaden tut es aber auch nicht, will man einen Grabenhatscher der besonderen Art unternehmen: Das vom Arzbach in Jahrmillionen langer Kleinarbeit ausgeschürfte Tal immer reich an Aussicht auf der Höhe zu umrunden, das nehme ich mir schon seit vielen Wandersaisonen vor. Aber mit 30 Kilometern und 1500 eingestreuten Höhenmetern ist das nichts für einen spontanen Nachmittags­spaziergang. Heute hat es endlich gepasst!

Mein Startpunkt ist der Bahnhof Peggau-Deutschfeistritz. Fährt man mit der S-Bahn S11 (wochentags stündlich, Samstag nur am Vormittag, sonntags nie) weiter nach Zitoll, ließe sich der Asphaltanteil auf ein absolutes Minimum reduzieren.

Ich möchte jedoch den Kirchberg in Deutschfeistritz auch noch mitnehmen, jedes Mal bestaune ich das dortige Gebeinhaus im Keller mit den Überresten hunderter Deutschfeistritzer Vorfahren. Am verkehrsreichen Weiterweg nach Zitoll beschützt mich der Gehsteig der Übelbacher Straße. Halb so schlimm.

Auf den Haneggkogel

Nun aber zurück zum Thema: In Zitoll beginnen die rot-weiß-roten Markierungen des Wegs auf den Haneggkogel. Der gelbe Wegweiser kennt die Details: 4 Stunden, Wegnummer 533. Um auf den Gipfel zu gelangen, darf man später getrost von beiden Zahlen 1 abziehen: Die Gehzeit schätzt auf der konservativen Seite und der 533er biegt knapp unter dem Gipfel ins Tal nach Frohleiten ab.

Nach nur wenigen hundert Metern und zwei Weidezäunen verschwinden die ersten Kleidungs­stücke in den Rucksack. Nicht die Hochspannungsleitung heizt mir ein, die sei hier nur zu Orientierungszwecken erwähnt. Es ist noch nicht 8 Uhr und trotzdem lässt die Sonne bereits den ersten Sommertag auf die Steiermark hernieder schneien.

Feine Waldwege und große Wiesen bringen mich schnell höher, beim Siglkreuz bin ich schon froh, dass der schmale Schatten des Bildstocks genau auf die aussichtsreiche Sitzbank daneben fällt. Zum Greifen nah ist bereits die Ruine Waldstein: kein Kilometer Luftlinie, doch ich geh’ ja außen rundherum, noch Stunden werde ich dorthin unterwegs sein. Der Arzwaldgraben ist ein langer.

Manch einer wird sich schon fast am Gipfel wähnen, doch der letzte Aufstieg hat’s in sich. Der Pulsschlag hämmert im Ohr den Takt für die letzten hundert Höhenmeter, den Atem raubt nicht nur das mit jedem Schritt besser werdende Panorama. Der Haneggkogel ist auch gemütlich zu umrunden, doch ohne seinen Gipfel wäre die Runde nur halb so schön.

Und: Ins Buch Genesis trägt man sich auch nicht alle Tage ein, das Gipfelbuch ist hier ein ganz besonderes: Schön gestaltet und zum Andenken an einen, der wohl zu früh von dieser Welt gegangen. So lasse auch ich ein paar Grußworte für Jacob da. Wie lächerlich scheint da der Disput von Gipfelkreuz und Karte um die exakte Seehöhe, 1088 vs. 1089 Meter – wer wird bei diesem Panorama denn so kleinlich sein?

Hinauf, hinauf! Zitoll liegt schon hinter mir
Hinauf, hinauf! Zitoll liegt schon hinter mir
So ein schattiger Waldrand ist heute sehr willkommen
So ein schattiger Waldrand ist heute sehr willkommen
Der Frühling in Licht...
Der Frühling in Licht…
...und Schatten
…und Schatten
Am Weg zum Siglkreuz
Am Weg zum Siglkreuz
Blick hinüber zum Hungerturm und zur Ruine Waldstein
Blick hinüber zum Hungerturm und zur Ruine Waldstein
Zwischendurch darf es auch mal steiler sein
Zwischendurch darf es auch mal steiler sein
Der erste Blick zu den weißen Gipfeln der Gleinalpe
Der erste Blick zu den weißen Gipfeln der Gleinalpe
Die Aussicht vom Haneggkogel muss erst verdient werden.
Die Aussicht vom Haneggkogel muss erst verdient werden.
(Gipfel-)Buch Genesis
(Gipfel-)Buch Genesis
Eine Gipfelrast in ihrer reinsten Form!
Eine Gipfelrast in ihrer reinsten Form!

Zur Gmoaalm

Ewig kann ich hier nicht rasten. Muss ich auch nicht, zur Belohnung geht es ohnehin erst mal bergab in die verstreute Siedlung Schenkenberg. Der Ebenwirt lädt zur Einkehr, ist aber heute mit Bauarbeiten beschäftigt. Ich habe ohnehin erst meinen Rucksack um ein Jausenbrot erleichtert.

Nach dem Gehöft Fuchs folgt ein kurzes Straßenstück, mittendrin von Holzarbeitern mit Last- und Kranwagen blockiert. Kein links vorbei, kein rechts vorbei, auch kein drumherum ist möglich. Ich muss abwarten, bis ich entdeckt werde und man mich durchwinkt. Schließlich will ich keinen Baum auf meinem Kopf landen sehen. Dann wäre meine Runde hier wohl jäh zu Ende. Und nicht nur die.

Dafür ist der darauffolgende Pfad umso schöner, auf einem bewaldeten Rücken strebt der Weg dem Fuchskogel zu. Der Gipfel wird zwar ausgelassen, aber knapp vor der Gmoaalm gibt der Wald den Blick frei in viele Richtungen. Atemlos. Zeltplatzalarm. Den Auslöser meiner Kamera möchte ich gleich hundertfach drücken.

Ein paar Schritte sind es noch bis zur Gmoaalm (Gmeinalm). Auch hier wird es schon bald wieder die Möglichkeit zur Einkehr geben, jetzt, in der Vorsaison muss ich mich noch selbst in den verwaisten Gastgarten einladen.

Im Abstieg vom Haneggkogel
Im Abstieg vom Haneggkogel
Schenkenberg, oberhalb der Fuchsbauer
Schenkenberg, oberhalb der Fuchsbauer
Schmaler Waldsteig zum Fuchskogel
Schmaler Waldsteig zum Fuchskogel
Ein Frühlingsbote
Ein Frühlingsbote
Heraus aus dem Wald, gleich gibt's was zu sehen!
Heraus aus dem Wald, gleich gibt’s was zu sehen!
Blick zum Doppelgipfel von Herrenkogel und Wetterkogel
Blick zum Doppelgipfel von Herrenkogel und Wetterkogel
Krokusse auf der Wiese
Krokusse auf der Wiese
Die Gmoaalm
Die Gmoaalm

Plotscherbauer & Hubertushof

Nach der ausgiebigen Sonnenpause ist es nicht mehr weit bis zum höchsten Punkt meiner Runde. Vor dem namenlosen Sattel auf ca. 1260 Meter Seehöhe kommt es zur einzigen nennenswerten Schneeberührung des Tages. Auf einem breiten Almweg, im Winter wohl tief unter Schnee begraben, nagt die Sonne am verbliebenen Rest des weißen Schatzes.

Daneben genug Platz um problemlos zu gehen, doch wenn der Boden so vollgesogen mit Schmelzwasser ist, löst so mancher Schritt eine kleine Fontäne aus. Ein schöner Vorwand für die nächste Pause, um die gesammelten Dreckspritzer wieder aus der Wanderhose zu bürsten.

In schnellem Abstieg erreiche ich die Almhütte Plotscherbauer, sommers ebenfalls eine gemütliche Jausenstation. Nicht nur das, auch ein ausgezeichneter Startpunkt für eine Wanderung auf die Fensteralm.

Für mich ist das heute hingegen der Wendepunkt meiner Tour. Unweit von hier entspringt der Arzbach, von nun an marschiere ich auf der Südseite des Arzwaldgrabens in Richtung Waldstein.

Stellenweise haben hier Forstarbeiten dem Ambiente des Wanderwegs großes Leid zugefügt, eine Weile wird es wohl noch brauchen, bis alle Wunden wieder verheilt sind. Doch dafür eröffnen sich schöne Blicke auf den bisher zurückgelegten Weg. Vorbei an der Josefskapelle erreiche ich den ehemaligen Hubertus(gast)hof, von wo ich – falls ich es eilig hätte – nach Übelbach absteigen könnte.

Schneefahrbahn
Schneefahrbahn
Vom höchsten Punkt meiner Runde blicke ich zu Rennfeld (links) und Hochlantsch (mitte)
Vom höchsten Punkt meiner Runde blicke ich zu Rennfeld (links) und Hochlantsch (mitte)
Im Wald
Im Wald
Almwiesen für den Wanderer, Autobahnen für den Forstmann
Almwiesen für den Wanderer, Autobahnen für den Forstmann
Blick zurück: Rechts der Sattel von Schenkenberg, auf der kleinen Wiese links am Horizont liegt die Gmoaalm
Blick zurück: Rechts der Sattel von Schenkenberg, auf der kleinen Wiese links am Horizont liegt die Gmoaalm
Waldweg
Waldweg

Reicherhöhe & Ruine Waldstein

Den letzten Abschnitt kenne ich gut, immer wieder drehe ich diese Runde. Meist in die Gegenrichtung und dann auf dem bereits erwähnten Weg hinab nach Übelbach.

Mein nächstes Ziel ist die Reicherhöhe mit ihrer kleinen Wetterststation, hier lässt sich ein letztes Mal zur Gleinalpe zurückschauen. Pause im Gras. Am nächsten Abschnitt liegen viele kleinere und größere Bäume kreuz und quer, eine alternative Route ist schnell gefunden.

Beim Gehöft Schank kann ich die Beine auf Leerlauf stellen und lasse mich hinunter treiben zur Ruine Waldstein. Schon oft besichtigt, bleibt sie heute links liegen und ich gehe über die große Wiese und durch den Wald hinunter in den Ort Waldstein.

Bevor ich das große Schloss erreiche ist der Arzbach für fünfzig Meter mein Begleiter. Ihm habe ich ja den Graben zu verdanken und damit die Idee zu dieser Tour.

Zweite Rückschau: rechts der Haneggkogel, links Schenkenberg.
Zweite Rückschau: rechts der Haneggkogel, links Schenkenberg.
Auf Wiedersehen Gleinalpe, im Sommer komme ich dich sicher wieder besuchen!
Auf Wiedersehen Gleinalpe, im Sommer komme ich dich sicher wieder besuchen!
Waldweg
Waldweg
Die Ruine Waldstein. Ein heller Punkt am oberen Rand der grünen Wiese lässt das Siglkreuz erahnen.
Die Ruine Waldstein. Ein heller Punkt am oberen Rand der grünen Wiese lässt das Siglkreuz erahnen.
Dem Arzbach entlang zum Schloss Waldstein
Dem Arzbach entlang zum Schloss Waldstein

Schön war’s, warm war’s aber auch anstrengend und einsam, keinen einzigen Wanderer habe ich unterwegs getroffen. Durchaus verständlich, wer sitzt an so einem Mittwoch nicht lieber im klimatisierten Büro. Oder?



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5 Kommentare

  1. Schöne Runde – werden wir demnächst auch in Angriff nehmen! 🙂

    Danke, dass du Jakob ein paar nette Worte dagelassen hast – ein besonderer Gipfel für einen besonderen Menschen!

      1. Ja so ist es – er war unserem Reitstall näher verbunden.

  2. danke für den wirklich informativen und unterhaltsamen Bericht!

    und für die schönen Fotos natürlich auch

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