Vom Grünen See nach Leoben

In meiner Kindheit ließ sich meine Oma am Muttertag gerne zum Grünen See ausführen. Für mich bedeutete das: lange Autofahrten, im Gasthaus sitzen, spazieren gehen. Langweilig!

Manche Dinge lernt man eben erst Jahrzehnte später zu schätzen, zu Recht ist der Grüne See der Tourismus­magnet dieser Region. Das smaragdgrüne Gewässer bei Tragöß am Ende des Lamingtals wird ausschließlich durch Schmelzwasser aus dem Hochschwab gespeist. Der Wasserstand kann somit übers Jahr stark schwanken, im späten Herbst trocknet der See oft gänzlich aus.

Der Muttertag im Mai ist daher ein guter Zeitpunkt, den Grünen See zu besuchen. Ganz schön clever, meine Oma!

Nichts unanständiges! Wer genau hinsieht, kann in den Felsen ein kleines Fenster entdecken
Wer genau hinsieht, kann in den Felsen ein kleines Fenster entdecken

Für mich ist der See heute aber nur der Auftakt einer Wanderung, welche mich 30 Kilometer durch die allerletzten südlichen Ausläufer des Hochschwabs führen wird. Meine Wanderschuhe schnüre ich in Tragöß-Oberort, dort wo die Buslinie 175 ihre Endstation hat.

Zum Aufwärmen spaziere ich etwa zwei Kilometer bis zum Grünen See. Abwechslung zwischen­durch bietet ein Blick zum Fenster in den Felshängen der Meßnerin.

Der Grüne See und seine Nachbarn

Wir schreiben Mitte Juli, der Wasserstand des Grüne Sees hat bereits zwei Hitzewellen Tribut zollen müssen, eine mittlerweile freigelegte Landbrücke lässt ihn sogar in zwei kleinere Seen “zerfallen”. Das intensive Grün ist aber erhalten geblieben, immer noch sehenswert, keine Frage.

Nun kann ich also zum klassischen Muttertagsspaziergang ansetzen und drehe eine Runde auf jenen Steigen, die im Frühjahr noch tief unter dem Wasserspiegel liegen. Da ich heute noch einiges vorhabe, werde ich mir nicht allzu viel Zeit lassen.

Der Grüne See hat seinen Namen verdient!
Der Grüne See hat seinen Namen verdient!
Der Pegel zeigt, wie hoch der Wasserstand im Frühjahr werden kann
Der Pegel zeigt, wie hoch der Wasserstand im Frühjahr werden kann
Ein wenig Karibikfeeling
Ein wenig Karibikfeeling

Nach meiner kurzen Rundherum-Wanderung, schlage ich einen Weg ein, welcher mich zuerst zum Kreuzteich bringen wird und der später hinauf zum Wirtshaus Hiaslegg am Sattel zwischen Tragöß und Trofaiach zieht. Die Wolken weichen leider erst jetzt der Morgensonne, das Licht hätte ich beim Grünen See gut gebrauchen können.

Im Kreuzteich zeigt sich die Sonne
Im Kreuzteich zeigt sich die Sonne
Beim Kreuzteich
Beim Kreuzteich

Der Thalerkogel – da muss ich drüber!

Beim Wirtshaus Hiaslegg angekommen, erwartet mich eine böse Überraschung. Der Wanderweg zum Thalerkogel ist gesperrt: fast wie zugenagelt mit Verbotstafel, Fähnchen und Absperrband.

Schon von weitem war zu hören, dass hier gerade Holzfäller zu Werke gehen, aber die Hoffnung, meine Route wäre nicht betroffen, hat sich leider nicht erfüllt.

Aufstieg Richtung Hiaslegg
Aufstieg Richtung Hiaslegg
Noch weit weg: Ein erster Blick zum Thalerkogel
Noch weit weg: Ein erster Blick zum Thalerkogel
Forstarbeiten: Hier komme ich nicht durch!
Forstarbeiten: Hier komme ich nicht durch!

Beim Wirtshaus Hiaslegg werde ich im Gastgarten bestens beraten, ein Herr mit wichtigen Abzeichen am Ärmel empfiehlt mir, die Forststraße auf der anderen Seite des Rückens. Diese bringt mich in die Nähe des Achnertörls, wo ich wieder auf meinen Wanderweg treffe.

Denkmal beim Achnertörl
Denkmal beim Achnertörl
Ein Lächeln als moralische Unterstützung auf dem steilen Weg
Ein Lächeln als moralische Unterstützung auf dem steilen Weg

Nach einem steilen Aufstieg erreiche ich schließlich den Gipfel des Thalerkogels. Ein schöner Platz mit Fernsicht ins ganze Hochschwabmassiv, hier lassen sich auch gut Sonnenauf- und -untergänge bewundern.

Da bleib ich, eine Stunde lang!

Am Gipfel des Thalerkogels
Am Gipfel des Thalerkogels
Paaaaauuuuuseeeee!
Paaaaauuuuuseeeee!
Eisenerzer Reichenstein, Präbichl, Polster
Eisenerzer Reichenstein, Präbichl, Polster
Der weitere Weg führt um diese Hügel
Der weitere Weg führt um diese Hügel

Der lange Weg nach Leoben

Wie immer fällt es schwer, mich von meinem aussichtsreichen Rastplatz zu trennen. Aber noch viele Kilometer liegen vor mir, der Weg in die obersteirische Montanstadt führt um viele Gipfel herum.

Luxstein und Kampeck heißen die vor mir liegenden Erhebungen, leicht fallend sollte mich eine Forststraße in der rechten Flanke rund um die beiden Berge führen.

Da ich hingegen mit einer sanften Steigung konfrontiert bin, schwant mir schnell: das ist dann wohl die falsche Forststraße! Und meine Karte kennt sie gar nicht.

Schwere Entscheidung: Den Fehler gleich zu korrigieren, würde mich 3 Umweg-Kilometer kosten, weitergehen und später in einer Sackgasse zu enden wohl mehr als das doppelte. Ich wähle Türchen Nummer drei und hoffe auf einen Verbindungsweg zwischen den beiden Straßen.

Das Glück ist mir hold, rückblickend komme ich in den Genuss sowohl einer kürzeren als auch schöneren Route als wenn ich der Markierung gefolgt wäre.

Hoppala! Auf die rechte, untere Forststraße sollte ich sein, stattdessen marschiere ich auf die linke obere Ecke des Fotos zu.
Hoppala! Auf die rechte, untere Forststraße sollte ich sein, stattdessen marschiere ich auf die linke obere Ecke des Fotos zu.
Meine persönliche Rettungsgasse bringt mich wieder auf den rechten Weg zurück
Meine persönliche Rettungsgasse bringt mich wieder auf den rechten Weg zurück
Wegkreuzung im Wald: Die Straße geradeaus ist auf meiner Karte noch als schmaler Wanderweg verzeichnet :(
Wegkreuzung im Wald: Die Straße geradeaus ist auf meiner Karte noch als schmaler Wanderweg verzeichnet 🙁

Im Sattel Kaintalegg endet das Forststraßenintermezzo und ich bin wieder auf schmalen Pfaden unterwegs. Die nächste Pause verschiebe ich auf den Kreuzsattel, meine Einschätzung, dort aufgrund des Namens ein Marterl mit Sitzgelegenheit vorzufinden erweist sich als richtig.

Zeitgleich kommt ein Jäger an, mit dem ich über sein Revier, meine Route und die zu Forststraßen mutierten Wanderwege plaudere. In einem kleinen Kästchen verbirgt sich eine Art Gipfelbuch und der Waidmann freut sich sichtlich über jede Eintragung und zwar – das ist für seine Zunft unüblich – auch jene der Mountainbiker!

Zum Glück wurden noch nicht alle Wanderwege zu Forstautobahnen ausgebaut...
Zum Glück wurden noch nicht alle Wanderwege zu Forstautobahnen ausgebaut…
...der auch nicht...
…der auch nicht…
...und dieser hier schon gar nicht...
…und dieser hier schon gar nicht…
Das Laintal mit den Ortschaften Laintal I, Laintal II und Laintal III
Das Laintal mit den Ortschaften Laintal I, Laintal II und Laintal III
Rastplatz im Kreuzsattel
Rastplatz im Kreuzsattel

An der Freudenthaler Ruhe (einem weiteren Rastplatz) vorbei führt der Weg zum Himbergeck, dreht aber knapp vor dem Gipfel nach links ab. Somit beginnt der lange Abstieg nach Leoben.

Hier hapert’s mehrmals mit den Markierungen, die sich gut verstecken. Ich liebe zwar unscheinbare, überwachsene Pfade, die Navigation einfacher machen sie nicht. Mehrmals muss ich die Wanderkarte aus der Hosentasche ziehen. Und wo mir selbst diese nicht mehr helfen kann, verlasse ich mich auf mein Gefühl um den richtigen Weiterweg zu erwischen.

Unter dem Himbergeck
Unter dem Himbergeck
Der Pfad ums Himbergeck herum
Der Pfad ums Himbergeck herum
Die Lackmoaralm
Die Lackmoaralm

Obwohl ich in der Früh mit über drei Litern Flüssigkeit aus dem Bus gestiegen bin, bereitet mir nun das Plätschern eines Brunnens bei der Lackmoaralm große Freude. Das gute Gefühl auf den letzten Metern noch einen Reserveschluck im Rucksack zu haben macht mein heutiges Wanderglück so richtig perfekt!

Die gepflegte Zufahrt zur Lackmoaralm
Die gepflegte Zufahrt zur Lackmoaralm
Hier hat man alle Markierungen abgeholzt...
Hier hat man alle Markierungen abgeholzt…

Einen geographischen Zusammenhang zwischen dem Leobener Hauptbahnhof und dem Grünen See habe ich bisher nie gesehen. Seit heute weiß ich: Dazwischen liegen neun Stunden Fußmarsch, ein aussichtsreicher Gipfel und viele einsame Wanderwege.

Leoben voraus!
Leoben voraus!

Was sonst noch kreucht und fleucht

Auch wenn ich an diesem Mittwoch kaum eine andere Menschenseele getroffen habe, hat mir doch die hiesige Fauna und Flora Gesellschaft geleistet. Vielen Dank an die Bestimmungs­helfer Oliver und Martin!

Einjährige Fetthenne
Einjährige Fetthenne
detto
detto
Die Farbenpracht auf seinen Flügeln wollte er der Kamera nicht zeigen
Die Farbenpracht auf seinen Flügeln wollte er der Kamera nicht zeigen
Gelber Vierfleckbock
Gelber Vierfleckbock
Eine alpine Gebirgsschrecke am giftigen Fingerhut
Eine alpine Gebirgsschrecke am giftigen Fingerhut
In der nächsten Vollmondnacht schlüpfen daraus sicher kuschelige kleine Gremlins, oder?
In der nächsten Vollmondnacht schlüpfen daraus sicher kuschelige kleine Gremlins, oder?
Den hat eine Biene in meinem Arm vergessen...
Den hat eine Biene in meinem Arm vergessen…

Zum allerletzten Foto: Heuer haben es die gelb-schwarzen Stacheltiere anscheinend auf mich abgesehen: Wespen, Hummeln und heute ein Bienchen. Fehlen jetzt nur noch die Hornissen! Stay tuned, ich werde berichten…



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6 Kommentare

  1. Hallo,

    sehr schöne und bunte Bilder 🙂

  2. bin heute mit Freunden den letzten Teil dieser Strecke, vom Kreuz Sattel bis Leoben bei schönstem Novemberwetter gegangen. Da, wo du schreibst, die Markierung fehlt wegen Abholzung, war ich schön Überrascht, das letzte Mal vor etwa 10 Jahren sah es dort noch ganz anders aus. Deine Bilder sin super, heute hat es ganz gleich ausgeschaut. Mit besten Grüßen … Hans

    1. Author

      Das kann ich mir gut vorstellen. Bin gespannt, ob das wieder aufgeholzt wird oder ob das “Grasland” bleibt. Oder einfach zu einer G’stetten verkommt…

  3. Sehr tolle Beschreibung.lch hab vor,von Tragöß aufs Hiasleg zu gehen.Den Thalerkogel lass ich aus und marschiere nach Trofaiach.Danke für die schönen Bilder!

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