Weiz – Graz. Zu Fuß?

Teil 2 aus der Serie Zu Fuß aus den Bezirken nach Graz. Was mit Voitsberg so gut geklappt hat, muss auch von Weiz funktionieren! Ich habe mir eine schöne Route zurecht gelegt.

Warum ich aber die Pläne auf halber Strecke über den Haufen geworfen habe und noch eine Portion Extrakilometer draufgeschlagen habe, erzähle ich euch heute. Eine Geschichte von Nebelsuppe & Sonnenbad, Fels & Eis. Und einer wilden Kriegerin.

Die Fahrt übers Land

5:40 Uhr, draußen ist es stockdunkel und kalt. Die Hände tief in den Jackentaschen vergraben, den Kopf zwischen die Schulterblätter gezogen warten eine Handvoll Leute auf den ersten Bus nach Weiz.

Schweigend geselle ich mich am Jakominiplatz zu dem wartenden Grüppchen und da kommt er schon, der Bus der Linie 221, welcher uns auf verschlungenen Wegen in die oststeirische Bezirkshauptstadt bringen wird.

15 + 765 + 753 = Weiz – Graz

So einfach lautet die Wanderformel für den Fußmarsch zwischen den beiden steirischen Städten. Am Ortsrand von Weiz beginnt der Wanderweg Nummer 15 zur Raabklamm, entlang Nummer 765 geht’s von dort nach St. Radegund, wo dann auf den 753er in Richtung Graz aufgesprungen wird.

Ich stehe aber gerade erst am (Bus-)Bahnhof von Weiz. Und noch immer ist es stockdunkel und kalt. Mich grob nach Westen orientierend erreiche ich den Hauptplatz samt Kirche und am Göttelsbergweg erblicke ich die erste 15er-Markierung. Los geht’s!

Am Weizer Hauptplatz

Die Euphorie wird aber gleich wieder gedämpft, denn dort wo der Wanderweg die Straße verlassen sollte, ist in der Dunkelheit weder Pfad noch Markierung zu sehen, nur eine Wiese. Und so stolpere ich mal mit, mal ohne Weg hinauf nach Göttelsberg.

Die Lichter von Weiz leuchten durch den finsteren Wald

Da ich heute keine ‘richtige’ Karte mithabe sondern bei Bedarf immer wieder aufs Handy blicken muss – das bedeutet: jedesmal Handschuhe ausziehen – passiert mir auch am weiteren Weg nach Mortantsch der eine oder andere Erkundungsabstecher. Aber von dort weg ist alles klar.

Den Kopf bis zu den Ohren ins Essen stecken. So muss es im Paradies sein!
Aber mein Frühstückskipferl muss sich auch nicht verstecken.
Runter von der Straße in Mortantsch.

Die Raabklamm

In Mortantsch zweigt der Weg ab, hinunter in die längste Klamm Österreichs. Die ganze Länge bleibt mir heute erspart, ich quere die Klamm lediglich. Im Sommer eine wunderschöne Wandertour, auf Wunsch gerne auch mit nassen Füßen.

Ein inkontinenter Felsen erzeugt einen Eislaufplatz am Wanderweg
Blick in die Schloßklamm, den weglosen, unteren Teil der Raabklamm.

Nasse Füße gibt’s heute keine zu holen, denn der kälteste Jänner seit Jahrzehnten hat die plätschernde Raab erstarren lassen. Es ist nicht notwendig, den kleinen Steg zu benutzen um ans andere Ufer zu gelangen.

Die winterliche Raab
Von den Seiten stürzen sich gefrorene Bäche eindrucksvoll ins Tal.

Der Steg über die gefrorene Raab.

Am Weg nach Stenzengreith

Ab der Raabklamm gibt’s nun viele Höhenmeter zu gewinnen. Erst führt ein schmaler Steig hinauf zum Schloss Gutenberg, von dort eine wohl einst dem Kirchgang der Schlossherren dienende Allee zur Loretokapelle.

Hier wandert auch das Frühstückskipferl in meinem Bauch. Damit ihm nicht kalt wird.

Allee vom Schloss Gutenberg zur Loretokapelle
Am Weg nach Stenzengreith

Mehrmals kratzt der Weg an der Nebelobergrenze, in zaghaftem blau ist der Himmel zu sehen. Doch was macht der Weg dann jedes Mal? Er taucht wieder ab!

Blau, zumindest kurz.

Das hätte nun wirklich nicht sein müssen!

Im Nebel dahinspazierend war mir recht schnell klar, dass meine Formel für Weiz – Graz so nicht halten wird. Beim dem Kreuzwirt in Stenzengreith führt der 765er kerzengerade nach oben und hier gelingt es endlich: ich entfliehe der grauen Masse und gemeinsam mit der Sonne lache ich hinunter aufs Nebelmeer.

Und ober mir lacht der Schöckl, mit ihm kommt nun eine Fleißaufgabe dazu!

Dass just in diesem Moment Weitwanderfreund Gerhard Fotos aus der Schöcklseilbahn auf Facebook verteilt, macht die Entscheidung noch leichter. Warte nur, in einer Stunde bin ich auch da oben!

Die Sonne zeichnet helle Streifen in den Wald
Jawohl!

Ich wähle meinen Lieblingsweg auf den Schöckl, die Direttissima durch die Felsen der Weißen Wand. Wohl der steilste, anspruchsvollste, aber auch kürzeste Weg hinauf.

In den Felsen der Weißen Wand
Mein Lieblingsweg auf den Schöckl

Trotzdem wird es eine lange, anstrengende Stunde bis auf den Schöckl. Aber ich bin rechtzeitig oben, Gerhard und Heidrun sitzen noch bei Speis & Trank im Stubenberghaus. Und da mir eh gerade die Zunge bis zum Boden hängt, setz’ ich mich doch glatt dazu!

Aber ich bin ohnehin selber schuld an der Schinderei, es wäre ja auch viel einfacher gegangen…

Aufigondl’n, owischweb’n…

Kann man vom Schöckl aus den Plattensee sehen?

Auf Grund seiner freistehenden Lage kann man vom Grazer Hausberg viele Gipfel sehen, mit denen man nicht unbedingt rechnen würde.

Vom Triglav (Sloweniens höchster) über den Greim (Schladminger Tauern) bis zur Medvednica (der Weltcup-Skiberg Zagrebs). Mit dem Írott-kő hat der Schöckl auch etwas ungarisches im Angebot, den Burgenländern besser unter dem Namen Geschriebenstein als ihr Landeshöchster bekannt.

Aber der Balaton? Selbst bei bester Sicht und idealem Sonnenstand? Der Schwager einer Cousine der Schulfreundin des Hundesitters behauptet das felsenfest!

Nein, das geht nicht – der Panoramarechner aus dem Internet bringt Aufklärung. Aber nicht weil er sich auf Grund der hohen Entfernung bereits hinter der Erdkrümmung versteckt. Ein paar lausige, nicht mal 300 m hohe Hügel westlich des Plattensees nehmen dem Schöcklgucker hier die Sichtverbindung.

Also genießen wir stattdessen den wunderschönen Blick in die Steirische Bergwelt:

Wir sind übrigens nicht die einzigen, die hier oben die Kamera zücken. Sonne hin oder her, mir wird schon beim Zuschauen kalt.

Aber immerhin, der (sich hier nur als Schatten im Bild befindende) Fotograf trägt die Vielzahl der wärmenden Schichten, welcher sich die wilde Kriegerin für dieses Shooting entledigen musste.

Gipfelselfie mit Heidrun & Gerhard

The long way home…

So sehr ich die Sonne hier auch genieße, ich muss mich auf die Socken machen. Die zweite Weghälfte nach Graz steht mir ja noch bevor. Also schnell noch ein letztes Gipfelfoto gemacht und dann geht’s abwärts in Richtung Schöcklsattel und Langer Weg.

Bald muss ich mich entscheiden, welche Route ich zurück nach Graz nehme. Am schnellsten wäre es zum Bus in Fuß der Leber zu gehen, aber das wäre erstens gar nicht in Graz und würde zweitens ein baldiges Abtauchen in die Nebelsuppe bedeuten.

Also verlasse ich den Langen Weg nach links und marschiere in den Hängen des Zwölferkogels in Richtung Novystein und Stattegg.

Am Zwölferkogel
Letzter Rückblick zum Schöckl
Rastplatz samt Erleuchtung

In Rinnegg treffe ich mit Weg 753 wieder auf meinen ursprünglichen Plan und die Ausgangsformel meiner Tour erhält wieder Gültigkeit. Ab hier ist die Welt auch wieder in schlichtem Schwarz-Weiß gehalten, auch die Temperaturen unter der Nebeldecke haben die Null-Grad-Marke den ganzen Tag nur von unten gesehen.

Eine Rodel wäre jetzt nicht unpraktisch!
Besten Dank das Schneeschaufeln am Wanderweg!

Daham is daham!

Der letzte Aufstieg nach Haidegg ist schnell überstanden, hätte ich Räder statt Füße hieße es jetzt Gang raus und rollen lassen. Aber auch so kommt nicht viel später der Beweis ins Blickfeld, dass ich es heute tatsächlich zu Fuß von Weiz nach Graz geschafft habe.

Geschafft!
Mariatrost, weit geh’ i heut nimmer…

Knapp 10 Stunden nach meinem Aufbruch in Weiz erreiche ich die Straßenbahn-Endhaltestelle in Graz-Mariatrost. 38 Kilometer und 1400 Höhenmeter habe ich zurückgelegt, samt Fleißaufgabe.

Aber ohne den Abstecher auf den Schöckl wäre die Tour heute nur halb so gehenswert gewesen. So sehr ich den Winter mag, langsam könnte der Nebel aus den steirischen Beckenlagen verschwinden. Inversionswetterlage, go home!

Mein Taxi biegt auch gerade um die Ecke.

Eine halbe Stunde später stehe ich wieder am Jakominiplatz, warte auf die Straßenbahn nach Hause. Mittlerweile  ist es stockdunkel. Und kalt.


P.S. Was meint ihr, welche steirische Stadt soll ich mir für die Serie Von ………………. nach Graz. Zu Fuß? als nächstes vornehmen?

P.P.S. Bitte sagt jetzt nicht Schladming! 😉



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11 Kommentare

  1. “Netter Spaziergang” 😉
    da wäre ich gerne mit gegangen ….

    Wie wäre es für’s nächste Mal mit Feldbach/Fürstenfeld – Graz (sind zwar nicht viele Berge zu überwinden, aber dürfte auch lohnend sein)

    1. Author

      Heissa! Fürstenfeld kam mir natürlich auch schon in den Sinn – eine schnelle Routenplanung kommt auf 64 Kilometer. Hätte gedacht, dass das kürzer ist…

      1. Wenn jetzt die Tage wieder länger werden, geht sich das auch wieder an einem Tag aus 😉

        1. Author

          Leider werden meine Haxen nicht im gleichen Ausmaß länger. But it’s worth a try!

          1. Soweit ich mich erinnere sind die eh lang genug. 😉
            I’m in.

          2. Author

            Be careful what you wish for…

      2. Aber vermutlich weniger Hoehenmeter als Graz-Koeflach das Du gerade hinter Dir hast (unglaublich was Du da selbst im Winter schaffst).

        1. Author

          Sowas geht nur im Winter, weil ich im Sommer lieber andere Dinge mache. Vorausgesetzt natürlich es liegt nicht zuviel Schnee.

          Für Fürstenfeld-Graz habe ich noch keine brauchbare Route gefunden, bei der man nicht fast ausschließlich auf Asphalt unterwegs ist.

  2. Sehr nette Idee, die “von … nach Hauptstadt”. Mein Vorschlag: Start in der ältesten Stadt der Steiermark, Ptuj.

    1. Author

      Gute Idee!

      So etwas ähnliches hab ich mir von alpenvereinaktiv auch schon mal planen lassen, mit Startpunkt etwas südlich/östlich von Pettau. Von Kroatien nach Hause klingt nämlich auch sehr fesch!

  3. Durchstöbere gerade Deinen Blog voller Vorfreude auf meine diesjährigen Wandertouren. Du solltest ein kleines Buch aus Deinem Blog machen. Ich würde es sofort kaufen. Am liebsten würde man bei deinen Beschreibungen und Fotos ja alles nachgehen. Schöne Frühlingswandertage wünsch ich Dir!

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