Mariazellerweg NÖ: Tradigist – Mariazell

Diesmal sind wir gekommen um den Sack zuzumachen. Vor einem Monat mussten wir ja wegen Schlechtwetter und Schneelage kapitulieren. Die Wettervorhersage verspricht, dass uns solcherlei Probleme diesmal erspart bleiben.

Die verbleibenden 50 Kilometer zwischen Tradigist und Mariazell verteilen sich auf zwei abwechslungsreiche Wandertage, an deren Ende wir an das Tor der Basilika in Mariazell klopfen werden.

Die Tour beginnt diesmal bereits am Vortag, die Mariazellerbahn bringt uns auf gewundenen Wegen in die niederösterreichische Landeshauptstadt und am nächsten Tag wieder ein Stück zurück zum Bahnhof Steinschal-Tradigist.

Tag 11: Tradigist – Türnitz

Der Straße, welcher wir letztes Mal im Nieselregen zum Bahnhof marschiert sind, folgen wir heute bei strahlendem Sonnenschein taleinwärts. Als wir hinter dem Ort Tradigist wieder auf den Mariazellerweg stoßen, haben wir bereits vier Kilometer am Tacho sowie sämtliche warme Kleidung im Rucksack verstaut.

Nun geht’s aber schleunigst bergauf. Am Mogelbauer vorbei wandern wir zum Gehöft Schöngraben, wo sich der Weg endgültig aufsteilt.

Wälder und Wiesen wechseln sich ab, die längere Gehpause spüren wir in den Wadeln. Nur Werner ist nicht zu bremsen und sprintet voraus. Ach ja, diesmal sind wir zu dritt unterwegs.

Rechter Hand lugt mit dem Hohenstein bereits unser höchster Gipfel des Tages hervor, wir wählen trotzdem den linken Weg. Zuerst gilt es, die Schöngrabenspitze zu erklimmen.

Das Gipfelkreuz ist etwas klein geraten, dafür mit Herz. Auf das Gipfelbankerl hat man leider vergessen, somit verschieben wir unsere Pause bis zur nächsten Gelegenheit…

…die sich schneller bietet als gedacht. Im Gras der Ebenwiesen dürfen wir die Sonne genießen – und das obwohl gerade der letzte Monat mit einem ‘r’ im Namen begonnen hat. Aber der macht bekanntlich eh, was er will.

Life is good!

Ein leises Rascheln in einem Baumstumpf macht uns darauf aufmerksam, dass wir nicht die einzigen sind, die an den wärmenden Sonnenstrahlen ihre Freude haben. Auch dieser schüchterne kleine Kerl lässt sich einmal gut durchbraten.

Nachdem wir die weichen Wiesen gequert haben, liegen zwischen uns und dem Hohenstein läppische 300 Höhenmeter. In sanftem Zickzack sind diese aber schnell überwunden.

Nicht zum ersten Mal und nicht zum letzten Mal wandern wir heute durch duftende Bärlauchfelder.

Im Rückblick erkennen wir, dass die Schöngrabenspitze (links der Mitte) ihrem Namen so gar nicht gerecht wird.

Die letzten Überbleibsel des Winters stellen hier auch keine Herausforderung mehr dar. Ob wir Ende Februar hier auch so gemütlich herauf spaziert wären? Eher nicht.

Egal in welche Richtung man blickt, lugt, guckt und schaut, die Aussicht ins Alpenvorland ist hervorragend. Wir befinden uns zwar nur auf etwa 1200 Metern Seehöhe, aber wenn sich keine höheren Berge in den Weg stellen, kann das für das Panorama nur von Vorteil sein.

Die Hütte am Hohenstein, das Otto-Kandler-Haus, öffnet erst Ende April ihre Pforten. Doch zwei Mitarbeiter der ÖAV Sektion St. Pölten sind gerade zu Wegarbeiten heroben, so kommen wir in den Genuss einer Hüttenführung. Getränke gibt es ohnehin jederzeit im Winterraum zur Selbstentnahme (die Selbstbezahlung bitte nicht vergessen!).

Ewig können wir leider nicht heroben bleiben, den reservierten Gasthof in Türnitz sollten wir schon noch zu helllichter Stunde erreichen.

Zwei Stunden noch, so der hohe Wegweiser. Die Entfernung ist nicht das Problem, der abwechslungsreiche Weg macht uns zu schaffen. Immer wieder gibt es etwas zu schauen oder zu fotografieren.

Und auch die Nase will beschäftigt sein, wieder einmal streifen wir durch Bärlauch, Bärlauch, Bärlauch. Man könnte mit der Sichel ernten…

Und schon bald dürfen unsere müden Augen den ersten Blick auf Türnitz werfen.

Die letzten Kilometer werden – auf schönen Pfaden – ein Wettlauf mit der Schließzeit des örtlichen Supermarkts.

Der aber schon verloren ist, bevor wir ihn aufgenommen haben. Denn die Angabe Samstag bis 18 Uhr am Ortseingang bezieht sich lediglich auf die After-Work-Siesta des Marktpersonals, das mir freundlich, bestimmt und vor dem Laden sonnenbadend kund tut, dass ich hier um 17:45 Uhr sicher nichts mehr kaufen werde.

Pech für uns, Glück für den Wirt! So essen wir halt dem Goldenen Löwen die Speisekarte leer…

Tag 12: Türnitz – Mariazell

Die letzte Etappe. Obwohl wir uns heute ohnehin auf einen längeren Tag eingestellt haben, lässt dieser Kilometerstein in einem Vorgarten unsere Herzen ein Stück weiter sinken.

Ging es gestern über jeden Hügel, folgt die Route heute eher den Tälern. Wobei uns auch eine aussichtsreichere Variante zur Verfügung stünde. Route 06B führt über den Tirolerkogel und Annaberg nach Mariazell. Dazu sollte allerdings ein zusätzlicher Tag eingeplant werden, doch morgen, Montag ruft schon wieder das Erwerbsleben nach uns.

Als bleiben wir im Tal und somit am 06A und folgen der jungen Traisen und dem Retzbach bachaufwärts zum Eisernen Tor, wo sich letzteres Gewässer einen Weg durch die Felsen gegraben hat.

Am Wegesrand blüht duftend der Seidelbast.

Auch wenn das Wort Grabenhatscher die heutige Etappe gut charakterisiert, hat sie doch einige Highlights vorzuweisen. Hier verschwindet der Weg z.B. unauffällig in der Falkenschlucht, die uns für die nächste Stunde einen abwechslungsreichen Wanderweg mit gemütlichem Rastplatz bietet.

Auch einen Abstecher zur Nixhöhle machen wir. Nicht zu verwechseln mit ihrer bekannteren, größeren und schöneren Schwester bei Frankenfels, verspricht diese hier sicher nicht zu viel. Ihren Namen trägt sie wohl zu Recht, kurz und steirisch gesagt: Die Nixhöhle haaßt nix…

Auch hier hätten wir vor einem Monat wohl noch wenig Freude mit der Schneelage gehabt.

Am Sattel zwischen Garschkogel und Karnermauer beginnt der Weg nach Ulreichsberg zu fallen. Nur mehr eine Steigung steht zwischen uns und Mariazell. Diese ist aber noch sehr weit weg.

Der Bach – und leider auch die Straße – werden wir nun für lange Zeit unsere Begleiter sein.

Unserer Laune kann das jetzt aber nichts anhaben.

Auf langen monotonen Strecken ist es wichtig, sich Zwischenziele zu setzen. So können wir schon bald unser Navi mit dem nächsten Zwischenziel füttern.

Apropos füttern…

Bei Germteig und Vanillesauce ist nun auch die Steiermark erreicht und wir werden offiziell im Mariazellerland willkommen geheißen. Gilt das jetzt aber schon als fertiggepilgert?

Denkste! Immerhin bietet der Hubertussee Abwechslung auf der langen Asphaltautobahn.

Franz-Josef auf dem Fels hat hier vermutlich schon viele Pilger vorbeiziehen sehen. Ob seine Sissi auch schon vorbeigekommen ist?

Die Markierung ist mir klar – aber wofür der Stein?

Am Straßenrand wird die Mühsal der Forstarbeiter offenkundig. Mag manch einer sicher den folgenden Fluch ausgestoßen haben…

“Do hacklst den gonzn Tog im Woid und dann is die Höft’n der Bama innen hohl!”

Bereits haben sich nun die Mariazellerwege aus Wien, Eisenstadt zu unserer niederösterreichischen Route gesellt, über diese Brücke stoßen nun die steirischen Wallfahrer zu uns. Theoretisch. Denn wir sind bis zum Schluss einsam unterwegs, keine weiteren Pilger lassen sich blicken.

Und am Horizont ist bereits das Luckerte Kreuz zu erkennen, beim Mariazell-Gehen ein sicheres Zeichen: s’is nimmer weit!

Da ist es nun gar nicht mehr wichtig, dass man sich die letzten Serpentinen mit den Autofahrern teilen muss.

Schnell drängen wir uns auf ein Ortstafel-Selfie. Muss sein.

Und schon klopfen wir an die Tür der Basilika. Auch wenn ich’s mit der Religion nicht so hab, es ist immer wieder schön hier anzukommen. In Summe zum fünften und binnen Jahresfrist sogar zum dritten Mal bin ich nun hierher gewandert.

Zehn Stunden waren wir heute unterwegs, etwa 32 Kilometer sind es geworden (das GPS hat in den vielen Gräben nicht mit großer Genauigkeit geprahlt). Eine Stärkung beim Schwarzen Adler und wir können den Weg zum Bahnhof antreten.

Am Weg dorthin kommen uns nun die Salzburger und die Oberösterreichischen Pilger entgegen. Theoretisch.

Fazit

Nach dem Steirischen und Kärntner Mariazellerweg ist mit den Niederösterreichischen Weg nun der dritte Ast abgeschlossen. Die schönsten Abschnitte waren meines Erachtens am Ufer des Kamp, im Dunkelsteinerwald und rund um den Hohenstein.

Nicht unbedingt gesehen haben muss man den letzten Tag, vor allem ab Ulreichsberg. Aber hier steht ja die 06B-Variante zur Verfügung, die wir sicher noch nachholen werden.



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5 Kommentare

  1. Gratuliere!
    Schad, dass ich das nicht vorher gewußt hab, sonst hätt ich dir aufgetragen, mir ein Sackerl Lebkuchenbruch vom Pirker mitzunehmen! 🙂
    Na dann beim nächsten Mal!

    1. Author

      Hätte dir nur nicht viel genutzt, da wir erst nach Ladenschluss in Mariazell angekommen sind… 😉

  2. Liebe Eli – ich hab Dir im Feber wie aufgetragen ein Packerl mitgebracht, das liegt aber immer noch bei mir daheim!

    1. I kann ah gern auf den Lebkuchen aufpassen, bei mir is er in sicheren Mäg…Händen.


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