Endlich geht’s wieder weiter! Nach einigen Schlechtwetterwochenenden stellt sich pünktlich zum Urlaubsbeginn für ein paar Tage stabiles Wetter ein. Grund genug, ein sehr schönes Stückerl des Zentralalpenwegs weiter zu gehen.
Fünf Tage sollen reichen, um von Zell am See durch die Kitzbühler Alpen ins Zillertal zu kommen.
Werner und ich fahren mit dem Auto nach Bischofshofen (um den Schienenersatzverkehr im Ennstal zu vermeiden) um von dort mit der Bahn weiter nach Zell am See zu reisen. Den P&R Parkplatz in Bischofshofen kann man als Bahnkunde kostenlos benutzen (auch mehrere Tage).
Tag 28: Zell am See – Pinzgauer Hütte
Vom Bahnhof ist es nur ein Katzensprung in die Innenstadt von Zell am See. Welche wir aber schleunigst wieder verlassen, denn es wimmelt nur so von Touristen.
Wir wenden uns lieber der Schmittenhöhe zu, 1200 Höhenmeter warten auf uns.
Das Schönwetter soll erst in einigen Stunden eintreffen, für den Aufstieg ist das vorerst kein Nachteil. Und die Seilbahn ist sowieso kein Thema für mich – auch wenn ich sie Werner “anbiete”, er lehnt aber ab. Schade, ich hätte ihm gerne meinen Rucksack mitgegeben…
Sobald wir stehen bleiben, kühlen wir sofort aus. Daher gibt es nur eine einzige kurze Trinkpause, schnell geht es gleich wieder weiter.
Das Kettingtörl unter der Schmittenhöhe erreichen wir nach 2:25 Stunden, von nun an geht’s bergab zur Pinzgauer Hütte, wo wir uns rasch an einem Supperl aufwärmen.
Am Abend bessert sich das Wetter tatsächlich, nur der Großglockner, der behält seinen Hut.
Tag 29: Pinzgauer Hütte – Pinzgauer Spaziergang – Pass Thurn
Auf die heutige Etappe freue ich mich schon seit langem: der Pinzgauer Spaziergang wartet auf uns. Die Wikipedia meint dazu:
Den besonderen Reiz dieses Wanderweges macht die beständige Aussicht auf die höchsten Gipfel der Hohen Tauern und das dazwischenliegende Salzachtal aus. Im Westteil bietet der Höhenweg beeindruckende Blicke auf die Zillertaler Alpen.
Und damit hat sie auch recht!
Mit bescheidenem Aufwand an Höhenmetern (man bewegt sich immer in einem Band zwischen 1900 und 2100 Metern) wandert man an der Nordseite des Salzachtals westwärts.
Keinerlei (technische) Schwierigkeiten stellen sich unterwegs, eine Herausforderung kann aber möglicherweise die Länge darstellen. Siebeneinhalb Stunden sind wir unterwegs, bis wir oberhalb der Bürglhütte den Spaziergang verlassen.
Im folgenden Video sind noch einmal unsere Eindrücke vom Pinzgauer Spaziergang zusammengefasst.
Zur etwa 150 Hm tiefer liegenden Bürglhütte steigen wir nicht ab, denn wir wollen heute noch Mittersill erreichen.
Wir wenden uns der Sintersbachscharte zu, so zumindest der Plan. Eine neu angelegte Forststraße leitet uns jedoch auf einen Wanderweg in Richtung Geißstein. Dort wollen wir aber nicht hin, so müssen wir weglos zur Sintersbachscharte queren.
Hier berührt der 02er zum ersten Mal die Tiroler Grenze, wendet sich aber gleich wieder ins Salzburgische.
Ein langer Abstieg nach Mittersill beginnt. Über Almwiesen, Forstwege und schließlich auf asphaltierter Nebenstraße gelangen wir ins Tal.
Knapp vor Mittersill fassen wir den Beschluss, gleich bis zum Pass Thurn weiterzugehen und so die morgige Tagesetappe zu verkürzen. Das spart uns heute eine halbe Stunde Abstieg und morgen den gleichen Weg zurück.
Stark darauf setzend, dass sich die Wegweiserangabe von 2:45 Std. in der Form nicht bewahrheitet – was sie dann auch nicht tut, in etwa der halben Zeit erreichen wir das Berghotel Breitmoos, wo wir ausgezeichnet essen (Steak!), trinken und schlafen.
Nach 11:40 Stunden, 39.2 km und in Summe doch 1200 Höhenmetern haben wir uns das auch verdient!
Tag 30: Pass Thurn – Wildkogel – Gh. Rechtegg
Bevor wir den 2224m hohen Wildkogel in Angriff nehmen können, müssen wir ins Tal hinab, 400 wertvolle Höhenmeter verschenkend.
Beim Aufstieg von Mühlbach lassen wir uns Zeit, schließlich haben wir nach dem Gipfel nichts mehr vor. Den vielen Schwarzbeeren widmen wir uns ausführlich!
Der letzte Teil des Aufstiegs ist wieder angenehm flach. Schönes dahinspazieren auf der Höh’!
Am Gipfel des Wildkogels inspizieren wir schon den morgigen Weg und die weiteren, noch bevorstehenden Berge.
Als wir uns unserem Quartier nähern, regt sich in uns ein leiser Verdacht, der sich dann vor Ort bestätigt.
Sommer 2012 geschlossen!
Ärgerlich, daheim habe ich extra noch deren Homepage gecheckt. Kein Hinweis darauf, sogar eine eigene Seite “Sommervergnügen” gibt’s da…
Naja, was sind jetzt unsere Optionen? 30 Minuten (Schotterstraßenhatscher in einem sommerlichen Schigebiet) hinter uns liegt das Wildkogelhaus. Eine Alpenvereins-Hütte, die hat sicher offen.
In die andere Richtung gäbe es den Gasthof Rechtegg. 4-5 Stunden Gehzeit, aber ohne nennenswerte Höhenmeter. Jetzt ist es 15:20 Uhr und wir sind schon 7 Stunden unterwegs.
Werner ist keine Entscheidungshilfe (“mir is wurscht!”) und da ich ähnlich unentschlossen bin wird einfach weitergegangen. Nicht aber ohne vorher das Zimmer zu reservieren – schließlich sind wir ja lernfähig! 😉
So gut wie eben marschieren wir zur Herrensteigscharte, von dort zur Geigenscharte.
Schneller als erwartet kommen wir voran, den Bogen über den Speikkogel lassen wir aber aus (Speikkogeln haben wir in der Steiermark selber genug). Einen kurzen Abstecher auf die Geige (2084m) machen wir trotzdem, die Rucksäcke lassen wir aber in der Scharte.
Bevor sich ein Rudel Kühe näher für unsere Rucksäcke zu interessieren beginnt, sind wir wieder zurück und machen uns an den Abstieg.
Der Gasthof Rechtegg ist eine gute Wahl, ein großes Zimmer und ein fast ebenso großes Steak (yes, again!) warten auf uns!
Aus dem geplanten “ruhigen Tag” wurden knappe 11 Stunden und 30 Kilometer.
Tag 31: Gh. Rechtegg – Kröndlhorn – Königsleiten – Gerlos
Heute geht’s auf den höchsten Gipfel der Tour, das Kröndlhorn (2440m). Lange marschieren wir auf Forstwegen taleinwärts bis zur Trattenbach Hochalm.
Die letzten 500 Höhenmeter führt ein Wanderweg über eine große Pferdeweide, doch die Tiere halten Abstand zu uns (im Gegensatz zu den vielen neugierigen Kühen, denen wir schon begegnet sind).
Das Kröndlhorn ist wie alles hier ein “Grasberg”, nur die letzten 10 Meter wollen über Felsblöcke erklommen werden.
Oben steht eine kleine Kapelle, “tapeziert” mit Partezetteln. Daneben gibt’s ein feines Bankerl, mit Blick auf die hinter uns liegenden Etappen.
Heute schreibe ich Tag 31 meiner Tour, gezählt ab dem Start in Bratislava, der Blick reicht zurück bis zum Statzerhaus am Hundstein, dort war die Mittagspause von Etappe 27.
Den Abstieg zur Neuen Bamberger Hütte sparen wir uns (Hans, ich weiss, der Stempel…) und gehen vom Nadernjoch direkt zum Salzachjoch. Ein Mountainbiker kommt uns entgegen – wir wundern uns.
Hier sind die Anfänge der Salzach zu finden. Eine einzelne Quelle gibt es nicht, aber viele Bäche fließen von allen Seiten zusammen und – es werde Salzach!
Auch hier befinden wir uns wieder an der Grenze zu Tirol, wieder gibt es eine Kapelle voll mit Partezetteln. Soll das etwa eine Art von Warnung sein? Oder doch nur netter Brauch? Wir bleiben vorerst in Salzburg und wenden uns dem Almdorf Königsleiten zu.
Almdorf hin oder her – so ein Schiort im Sommer strahlt immer ein ganz besonderes Flair aus – auf der Seilbahnparkplatz-Asphaltwüste fühlen wir uns wie am Friedhof einer Geisterstadt. Schnell weiter, ich sag euch, hier stimmt etwas nicht… Ich bin geneigt, in das Wort erste Wort dieses Absatzes die Buchstaben p-t-r-a-u einzufügen…
Knapp nach Königsleiten beginnt es leicht zu regnen, wir finden Zuflucht unter einer Schleppliftbügelauffangrampe (heisst das so?). So ein Schiort hat also doch auch was Gutes.
Werner wirft sich in die volle Regenmontur, und verhindert somit, dass ernste Niederschläge vom Himmel fallen.
Nun müssen wir nur mehr hinunter in den Ort Gerlos, wo wir bei der erstbesten Gelegenheit ein Zimmer suchen. Wieder haben wir Glück, auch im Grubachhof sind wir gut aufgehoben.
Heute waren es nur 8:55 Stunden, aber doch 29 km und 1500 Hm. Ab Königsleiten hat es sich arg gezogen…
Tag 32: Gerlos – Hippach
Die ganze Nacht hat es heftig geregnet. Das ist heute insofern wenig willkommen, weil uns der wohl unangenehmste Abschnitt des gesamten Zentralalpenwegs bevorsteht, nämlich 9 km auf der stark befahrenen Gerlosstraße. Und diesem Abschnitt würde ich gerne ausweichen. Das geht aber nur mit intensivem Höhenmetereinsatz, z.B. im Süden über das 2307m hohe Brandenberger Joch.
Doch das Wetter spielt nicht mit und somit müssen wir in den sauren Apfel beißen.
Den Abschnitt auf der Gerlosstraße können wir immerhin auf 6 km verkürzen, indem wir uns rechts des kleinen Stausees halten und erst nach dem Gh. Kühle Rast die Straße erreichen (schlecht geeignet für Kontrollstempelsammler).
Die Straße ist nichts für schwache Nerven: Kein Gehsteig, unübersichtliche Kurven und viel Verkehr. Doch nach einer knappen Stunde erreichen wir Hainzenberg und somit wieder ruhige und sichere Wanderwege.
Weit ist es nicht mehr, vorbei an der Kirche Maria Rast geht es im Hang (leichtes Auf und Ab) mit schönen Aussichten hinunter nach Hippach.
Die Zillertalbahn (und anschließend die ÖBB) bringt uns wohlbehalten wieder zum Auto zurück.
In Summe waren wir 130 km unterwegs. Wenn man bedenkt, dass der Zentralalpenweg offiziell ca. 1200 km lang ist, ist ganz schön was weitergegangen. Nun folgen die Tuxer Alpen bis zum Brenner – wie der Zufall so will hab ich noch Urlaub und die nächste Schönwetterperiode steht vor der Tür 🙂
Bin begeistert!
(Kein besonders einfallsreiches Kommentar, ich weiß. Doch um 5 Uhr früh darf ich das ausnahmsweise).
“Jeder nur ein Kreuz.”
😉
Danke!
-hans
Deine Beschreibung, die Bilder des Pinzgauer Spaziergangs haben mich fasziniert.
Mich würde es interessieren, ob man bei dieser Wanderung sehr schwindelfrei sein muß.
Ein gewisses Maß halte ich aus. Würde gerne einmal eine solche Wanderung machen.
In einer Beschreibung ist er eher als leicht beschrieben. Aber aufgrund der Länge doch wieder schwer.
Und das man über Stock und Stein gehen muss, ist auch klar. Ist ja am Berg!
Wie würdest du es beschreiben.
Würde mich über eine Antwort sehr freuen! Liebe Grüße! Erna
Liebe Erna,
Für den Pinzgauer Spaziergang ist Schwindelfreiheit nicht notwendig!
Genieße die Almwanderung!
Gert