Grenzlandweg 07: Wolfsthal – Illmitz

Das Motto diesmal: Geradeaus und eben.
Das Motto diesmal: Geradeaus und eben.

Da der Winter heuer bei uns partout nicht Einzug halten will, müssen die freien Tage fürs Weitwandern anstatt für Skitouren herhalten. Und der einzige österreichische Weitwanderweg, der ganzjährig problemlos begehbar ist der 07er, der Ostösterreichische Grenzlandweg.

Da habe ich eh noch eine Lücke im flachen Osten zu stopfen, zwischen der Etappe durch Wien und jener ab dem Westufer des Neusiedlersees klafft noch ein ca. 80 Kilometer langes “Loch” in meinem Tourenbuch. Und im Sommer komme ich sowieso nicht hierher, da locken andere Ziele…

Um zum Bahnhof von Wolfsthal zu kommen klettere ich frühmorgens in Neusiedl am See in einen Bus nach Kittsee um dort umzusteigen. Dass der selbe Bus auch meine Anschlusslinie bedient und ich gemütlich sitzen bleiben kann verraten mir weder die ÖBB-Auskunft noch der Busfahrer.

So bange ich sogar zwischenzeitlich dank einiger Minuten Verspätung um meinen Anschluss, obwohl ich eh schon in richtigen Bus sitze.

Ein Licht geht mir erst auf, als der Bus Kittsee wieder verlässt ohne je eine Endstation erreicht zu haben. Dass er genau in meine Richtung weiterfährt ist mir natürlich willkommen und ich erreiche überpünktlich um 7:45 Uhr meinen Startpunkt am Bahnhof von Wolfsthal.

Tag 15: Wolfsthal – Königswarte – Dreiländereck – Nickelsdorf

Auf den ersten Metern erwartet mich ein Sonnenaufgang über Wolfsthal

Los geht’s! Während ich durch den Ort spaziere, geht gerade vor mir die Sonne auf. Das Tageslicht kann ich also optimal ausnutzen.

Radweg in Wolfsthal
Radweg in Wolfsthal

Die Etappe ist zwar flach, eine Steigung wartet jedoch zu Beginn: Jene auf die Königswarte, diese ist übrigens der östlichste Berg Österreichs. Sofern man bei einer Gipfelhöhe von 344m noch von einem Berg sprechen möchte.

Zaunüberstieg am Weg auf die Königswarte
Zaunüberstieg am Weg auf die Königswarte

Der 07er führt mich durch ein Wildgehege. Verbotsschilder und übermalte Wegmarkierungen lassen darauf schließen, dass hier die Wanderer nur geduldet, nicht aber erwünscht sind.

Vorbei an der Ruine Pottenstein gelange ich zum Gipfel. Dort steht nicht nur ein Aussichtsturm, auch das Bundesheer betreibt hier einen Lauschposten. Womit die Aussicht auch schon wieder verschandelt wäre, besonders heute, wo der Nebel die Sichtweite sowieso stark begrenzt.

Ruine Pottenstein
Ruine Pottenstein
Aussichtsturm auf der Königswarte
Aussichtsturm auf der Königswarte

Hier war ich schon im Rahmen der Auftaktwanderung am Zentralalpenweg, damals bin ich mit Werner westwärts nach Hainburg weitergewandert. Heute muss ich aber nach Osten, hinunter in die Ortschaft Berg.

Blick über Berg ins Flache
Blick über Berg ins Flache
Russische Straßensperre mit Rechtschreibfehlern
Russische Straßensperre mit Rechtschreibfehlern

In Berg angekommen war’s das bereits mit den Höhenmetern, für die nächsten 75 Kilometer kann ich mich auf gemütliches Dahinwandern einstellen.

Auch verlasse ich hier Niederösterreich und betrete das Burgenland. Das nächste Ziel am 07er lautet Kittsee – nicht der einzige Ort auf meiner Tour, durch den ich heute schon mit dem Bus gefahren bin.

Gelegentlich werde ich von schnelleren überholt
Gelegentlich werde ich von schnelleren überholt

Nach Kittsee beginnen die scheinbar endlos langen Geraden, mehrmals darf ich heute bis zum Horizont wandern. Erst auf einer Nebenstraße nach Pama, dann auf einem Radweg nach Deutsch Jahrndorf, der östlichsten Gemeinde Österreichs und – wie mich Wikipedia aufklärt – dem östlichsten Punkt des “geschlossenen deutschen Sprachraums” (was es alles gibt).

Bunter Außenposten von Pama
Bunter Außenposten von Pama
Der Weg nach Pama
Der Weg nach Pama
Das 'Weisse Kreuz' inmitten der Äcker von Pama
Das ‘Weisse Kreuz’ inmitten der Äcker von Pama
Wird wohl ein Astronautenwohnheim sein…

Streckenweise wandere ich direkt an der Staatsgrenze zur Slowakei, so nah, dass sogar der Radweg ausweichen muss, um in Österreich zu bleiben.

Der Radweg wechselt die Straßenseite um der Staatsgrenze auszuweichen
Der Radweg wechselt die Straßenseite um der Staatsgrenze auszuweichen
Von ihm möchte ich nicht verurteilt werden...
Von ihm möchte ich nicht verurteilt werden…

Der schön gestaltete Ortskern von Deutsch Jahrndorf hebt sich äußerst positiv von den anderen Orten ab, da wandert man gerne durch. Burgenländische Dörfer haben ja die Eigenschaft sich in die Länge zu ziehen, man freut sich, wenn sie auch etwas für’s Auge zu bieten haben.

Ortskern von Deutsch Jahrndorf
Ortskern von Deutsch Jahrndorf

Und noch einen östlichsten Punkt gibt es hier, nämlich den von Österreich. Dieser ist gleichzeitig auch das Dreiländereck mit Ungarn und der Slowakei. Der 07er führt mich zwar nicht direkt dorthin, aber da ich solche “besonderen” geographischen Punkte mag, ist mir das die zweieinhalb Kilometer Umweg wert.

Am Dreiländereck Österreich / Ungarn / Slowakei
Ö – Ö – Ö – Am Dreiländereck Österreich / Ungarn / Slowakei
Dreiländertisch
Dreiländertisch

Nach knapp 5 Stunden Gehzeit und 26 km in den Beinen halte ich am Dreiländertisch meine erste Rast. Am Dreiländereck gibt es auch einen kleinen Skulpturenpark, nichts aufregendes aber doch ganz nett.

Skulptur beim Dreiändereck
Skulptur beim Dreiändereck

Am Weiterweg kann ich zurückschauen zur Königswarte, die sich bereits am Horizont in einem leichten Dunstschleier versteckt. Nun folgt – vorbei am Karlshof – endlich wieder ein asphaltfreier Abschnitt.

Blick zurück zur Königswarte
Blick zurück zur Königswarte
Brett'leben
Brett’leben

Füchse, Enten und anderes Getier haben hier keinen guten Stand und werden leichte Opfer des Waidmanns Flinte. Gar g’schmackige Fotos des edlen Waidwerks hätte ich mitgebracht, mehr als die lässig abhängenden Füchse möchte ich hier jedoch nicht zeigen.

Diese Füchse werden wohl keinem Hasen mehr eine 'Gute Nacht!' wünschen
Diese Füchse werden wohl keinem Hasen mehr eine ‘Gute Nacht!’ wünschen

Mittlerweile haben sich die morgendlichen Nebelschwaden verzogen und die Sonne wärmt kräftig.

Immer geradeaus
Immer geradeaus
Die kanalisierte Leitha
Die kanalisierte Leitha
Für jedes Bedürfnis ist gesorgt...
Für jedes Bedürfnis ist gesorgt, geschätzte 300 bis 400 Häusln stehen hier…
Nickelsdorf bei Nacht
Nickelsdorf bei Nacht

Ich quere den Komitatskanal, die Leitha und schließlich die Ostbahn, dann erreiche ich – wesentlich früher als geplant – Nickelsdorf. Hier habe ich in der Frühstückspensien Theresia mein Quartier vorreserviert (Update: Die Theresia gibt’s nimmer…).

Mit 39€ pro Nacht ist es bei weitem nicht die billigste Übernachtungsmöglichkeit im Ort. Aber ich habe ein sauberes und schönes Zimmer, bekomme im angeschlossenen Nichtraucher(!)-Restaurant eine vorzügliche Pizza serviert. Und obwohl ich anscheinend der einzige Nächtigungsgast bin, finde um 6:30 Uhr ein reichhaltiges Frühstücksbuffet vor.

Tag 16: Nickelsdorf – Halbturn – Zicksee – Lange Lacke – Illmitz

Ausgeschlafen und zufrieden mache ich mich um 7 Uhr wieder auf den Weg und verlasse Nickelsdorf um eine Stunde lang auf Feldwegen die hiesigen Äcker zu durchqueren.

Ortsende von Nickelsdorf im Morgengrauen
Ortsende von Nickelsdorf im Morgengrauen
Einsamer Baum
Einsamer Baum
Hügelige Landschaft
Hügelige Landschaft

Nun steht wieder ein längeres Straßenstück an, zum Glück ist nicht alles asphaltiert. Vorbei an den riesigen Höfen Kleylehof und Wittmanns gelange ich schließlich nach Halbturn.

Kleine Bäume, große Windräder
Kleine Bäume, große Windräder

Dort nehme ich mir ein paar Minuten Zeit für eine schnelle Besichtigung des Orts, denn vor 23 Jahren durfte ich hier einmal einen Monat verbringen, Stichwort Assistenzeinsatz. Viel habe ich nicht mehr wiedererkannt, das Ortszentrum wurde jedoch seither sehr schön gestaltet.

Einmarsch in Halbturn
Einmarsch in Halbturn
Kirche von Halbturn
Kirche von Halbturn
Selbstbedienungsmarkt
Selbstbedienungsmarkt mit Schnäppchenpreisen

Nach Halbturn folgt wohl eines der hässlichsten Stücke im Netz der 10 großen österreichischen Weitwanderwege. Auf breiter Überlandstraße ohne Gehsteig muss ich vier Kilometer ins benachbarte Frauenkirchen durchbeissen. Spitzenreiter in dieser Wertung bleibt aber die Gerlosstraße am Zentralalpenweg 02A, das ist schwer zu toppen!

Hier könnte man jedoch ernsthaft eine Verlegung des Weges überlegen. Auch wenn sich dadurch die Strecke deutlich verlängern würde, könnte man auf Feldwegen wesentlich schöner und sicherer unterwegs sein (Update: Diese Verlegung wurder mittlerweile von der Sektion Weitwanderer des Österreichischen Alpenvereins durchgeführt!).

Ich drücke ordentlich auf die Tube und zur Selbstmotivation versuche ich, die von der GPS-Uhr gemeldeten Kilometerzeiten auf unter neun Minuten zu drücken. Am letzten Stück vor Frauenkirchen (Slogans am Ortseingang: Die Stadt mit weitem Horizont und Ganzjährig für Sie geöffnet!) gelingt es mir dann auch.

Die Straße nach Frauenkirchen (rechts am Horizont)
Die Straße nach Frauenkirchen (rechts am Horizont)
Der Kalvarienberg neben der riesigen Kirche von Frauenkirchen
Der Kalvarienberg neben der riesigen Kirche von Frauenkirchen

Auf die Pause in Frauenkirchen freue ich mich sehr, doch Sitzbänke hier sind nicht nur rar, sondern es gibt schlichtweg keine! Daher lege ich noch zwei Kilometer drauf und raste beim ersten Bankerl nach dem Ort. Dort beginnen auch wieder die ruhigen kleinen Nebenstraßen und -wege.

Vogelschar am Weg zu einem Festmahl auf den Äckern
Vogelschar am Weg zu einem Festmahl auf den Äckern

Ich umrunde in großzügigem Bogen die neue St. Martins Therme, auf meiner Wanderkarte ist dort noch eine Schottergrube verzeichnet. Bald erreiche ich den Zicksee, wo ich erst dem riesigen Campingplatz ausweichen muss, und erst später eine Weile direkt am Ufer spazieren kann.

Am Zicksee
Am Zicksee
Liegewiese zwischen den Äckern
Liegewiese zwischen den Äckern

Nachdem ich den Zicksee verlassen habe, erreiche ich das Naturschutzgebiet um die Lange Lacke. Hier biege ich leider einmal falsch ab und versäume das wohl schönste Stück Weg auf der ganzen Tour. Trotzdem bin ich über die Feldwege quer durch die Wiesen froh.

Der falsche Weg im Nationalpark Neusiedler See
Der falsche Weg im Nationalpark Neusiedler See
Wanderweg im Nationalpark
Wanderweg im Nationalpark

Einige Aussichtstürme bieten einen Überblick über die Seenlandschaft und auch alte Brunnen sind noch erhalten. Auch wenn das Wasser eher den Eindruck macht, als hätte hier eine erfolgreiche Ölbohrung stattgefunden.

Brunnen
Brunnen
Weg im Nationalpark
Weg im Nationalpark

Bald erreiche ich Apethlon, von dort ist es nur mehr eine halbe Stunde zu meinem Ziel in Illmitz, wo ich mich im Zentrum entspannt auf ein Bankerl fallen lassen kann. Kurz überlege ich noch, bis zum Ufer des Neusiedler Sees weiterzugehen. Doch nach ein paar Minuten drücke ich die Stopp-Taste auf meiner Uhr und lasse es bleiben. Ein kleines Stück 07er bleibt somit offen.

Als ich wieder aufstehe und zur Bushaltestelle schleiche, merke ich: Weit hätten mich meine Beine heute sowieso nicht mehr getragen…

Fazit: Eine Weitwanderung ganz anderer Art, die trotz Asphaltorgien und Höhenmeterabstinenz Spaß gemacht hat. Warum? Ehrlich gesagt, das weiß ich selber nicht, aber die vielen Kilometer mussten wohl einfach unter die Wanderschuhe…

Speziellen Dank an Kakaotrinker Smeki für die nützlichen Informationen zum Weg sowie zu den Unterkunftsmöglichkeiten!

Und noch ein Update: Auch wenn ich mir damals vorgenommen habe, die verbliebene Lücke zwischen Illmitz und dem Seeufer “bald” zu schließen, wird es dann doch über 10 Jahre dauern. Im Oktober 2024 bin ich die unglaublich aufregende Straße von Illmitz bis zum Hafen gewandert und mit der Fähre nach Mörbisch gefahren.

Etwa fünf Kilometer lang geht es auf dem Geh- und Radweg neben der Straße dahin
Ein bisschen was zu sehen gibt es aber auch
Und dann geht es motorisiert nach Mörbisch.


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7 Kommentare

  1. Hallo Gert!

    Schon lange bin ich eine regelmäßige Besucherin deines Blogs. Viele Anregungen und vor allem nette und lustige Beschreibungen sowie wunderschöne Fotos von deinen Wanderungen lassen mich deine Seite immer wieder aufrufen!

    Der Bericht hier lässt wehmütige und sehnsüchtige Erinnerungen wach werden. Mit meiner Wanderfreundin habe ich im Sommer 2013 (etwa zu gleichen Zeit, als du in Amerika warst) einen Teil des 07er Weges beschritten. Wir waren 11 Tage unterwegs, sind am Hochwechsel gestartet und bis nach Großrußbach gekommen (verkehrte Variante).

    Für uns zwei “50plus” Frauen eine annehmbare Leistung, auf die wir auch ein bisschen stolz sind zumal wir erst seit kurzer Zeit das Wandern für uns entdeckt haben.

    Im April planen wir eine Fortsetzung und freuen uns jetzt schon riesig darauf. Es gibt nichts schöneres, als einfach “auf dem Weg” zu sein. Danke für deine Berichte und mach weiter so. Deine Freude am Wandern ist ansteckend!

    Ich wünsche dir (euch) viele wunderschöne Wandererlebnisse im kommenden Jahr und sende liebe Grüße aus dem Almenland – Weiz.

    Josefine

  2. Liebe Josefine!

    Danke für das nette und positive Feedback!

    Auch wenn ich die Berichte über meine Wanderungen natürlich in erster Linie für mich selber schreibe, freue ich mich trotzdem, wenn sie anderen auch gefallen!

    Viel Spaß noch bei Eurer Tour am 07er!

    Gert

  3. Ja, das schaut schon z’Fuass a sehr nett aus (v.a. für ein Jännerprogramm). Uns hat’s am WE nach Lilienfeld verschlagen, wo wir der Mathias-Zdarsky-Runde zu Leibe rückten. In diese Richtung liesse sich ja der Steirische MRZ Weg ganz gut verlängern.

    Danke für den kurzweiligen Bericht!

  4. Hallo Gert! Bin erst jetzt auf Deinen Bericht gestossen! Ich plane nämlich gerade einen Teil des 07ers! Von Retz bis Langenzersdorf zu Fuß (nona), ab da dann aber per Rad bis Hainburg, eine Fuß-Etappe über die Königswarte, und von Wolfsthal dann wieder per Rad bis Siegendorf. Deine Bilder haben mir schon einmal ein bissl eine Vorstellung gegeben, was mich da erwartet! *gg* LG Eli

    1. Author

      Hallo Eli!

      Das Fahrrad ist da sicher keine blöde Wahl, obwohl ich manche – sehr meditative – Geradeausstrecken durchaus auch genossen habe.

      Wünsche dir noch viel Spaß am 07er!

      LG
      Gert

  5. Letzten Mittwoch sind wir die Etappe von Nickelsdorf nach Frauenkirchen gewandert. Von Halbturn nach Frauenkirchen sind wir auf dem “Kulturradweg” quer durch die Felder gegangen. Nicht nur, dass wir der stark befahrenen Straße ausgewichen sind, so war dieser Teil auch der schönste der gesamten Tagesetappe.
    Der Feldweg mit den herrlichen Blumen war den Umweg auf jeden Fall wert.
    Ein Danke an die Sektion Weitwanderer des Alpenvereins für diesen Tipp.

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