Im Hoch oben im Norden Österreichs bekommen wir es diesmal mit zwei ganz besonderen Schlingeln zu tun: Die Thaya lässt hier keinen Bogen aus und der Thayatalweg tut es ihr gleich.

Halb Niederösterreich werden wir an diesem Wochenende nicht erwandern – aber zumindest doch zwei Viertel: Wald und Wein.

Am Drosendorfer Hauptplatz
Am Drosendorfer Hauptplatz

Wald- und Weinviertel sind nicht nur durch den Thayatalweg verbunden, auch der Postbus verkehrt direkt. Dessen Chauffeur muss Zentimeterarbeit leisten, um den großen Bus durch das enge Stadttor Drosendorfs zu fädeln, bevor wir endlich am historischen Hauptplatz aussteigen können.

Dass dieser weit abseits der Altstadt liegt, müssen wir zwar nicht verstehen, bietet uns aber die Gelegenheit am Weg zu unserem Quartier gleich die Stadtmauer und das Schloss zu besichtigen.

Ein begrüntes Fenster bildet den Rahmen für den Sonnenuntergang
Ein begrüntes Fenster bildet den Rahmen für den Sonnenuntergang
Eiligst marschieren wir zum Abendessen
Eiligst marschieren wir zum Abendessen

Dass wir hier und heute unser Abendessen einnehmen können ist widrigen Umständen geschuldet. Am vergangenen Osterwochenende hat der schlecht gelaunte Wetterbericht verhindert, dass wir den Thayatalweg von Waidhofen nach Retz fertig wandern konnten. Und nun, wo wir zumindest die ersten beiden Tage bis Drosendorf nachholen wollen, macht das an Gästebetten arme Karlstein unsere schönen Pläne zunichte.

Somit überspringen wir diesen Teil vorerst, machen den geplanten Zielort zu unserem Startpunkt und schmausen uns in Drosendorf-Altstadt die kleine, aber äußerst feine Speisekarte der Hammerschmiede hinauf und hinunter.

Während wir hier anschließend eine gemütliche Nacht verbringen, gibt Werner den Frühaufsteher und reist am Morgen nach kurzem Zwischenstopp in Graz aus der Schweiz an.

Und ohne unsere durchkreuzten Pläne zu kennen, kündigt sich auch noch Bernhard (bernsi66) via Facebook genau für diesen Abschnitt an. Somit werden wir zu viert durchs Waldviertel strawanzen.

Tag 8: Drosendorf – Geras – Hardegg

Werner erscheint gerade rechtzeitig, um sich noch am Frühstücksbüffet zu laben, um 8:50 Uhr sind wir startklar. Bernhard sitzt derweil noch im Bus, aber in der Annahme, dass er uns als Sologeher bald einholen wird, können wir ihm ja mal ein wenig Fersengeld spendieren. Ob wir ihm damit wohl einen Gefallen tun?

Neben der Kirche verlassen wir Drosendorf
Neben der Kirche verlassen wir Drosendorf
Feines Wandern über Feldwege
Feines Wandern über Feldwege

Wir verlassen Drosendorf-Altstadt an der Kirche vorbei nach Osten, abwechselnd über Wald- und Feldwege erreichen wir den Nachbarort Wolfsbach. Dort dreht der Weg nach Süden, um bald wieder im Wald zu verschwinden.

Rastplatz
Rastplatz
Fleißige kleine Krabbler
Fleißige kleine Krabbler

Nach der Querung durch das Sassfeld macht der Weg vor der Siedlung Kottaun einen Rückzieher und führt uns durch ein weiteres Waldstück zur Straße, welche uns nach Geras mit seinem Stift bringt.

Als wir hinter Geras wieder den Waldrand erreichen, sind schon 12 Kilometer Wanderweg unter uns vorbei gezogen. Frisch geschlägerte Bäume erfüllen ihren letzten Zweck im Wald und bieten dienen uns als Sitzgelegenheit für unsere erste längere Pause.

Derweil eilen zwischen Bernhards und unseren Handys die Statusmeldungen über die jeweiligen Aufenthaltsorte hin und her. Schnell ist klar: Für Bernhard wird das noch ein harter Tag!

Rückblick auf Geras
Rückblick auf Geras
Selbst kleine Ausrüstungsprobleme können uns heute nicht bremsen
Selbst kleine Ausrüstungsprobleme können uns heute nicht bremsen
Durch den Wald zwischen Geras und Langau
Durch den Wald zwischen Geras und Langau

Abwechselnd auf tiefen, sumpfigen Wegen und weichem Grasboden durchqueren wir den zahlreichen Baumbestand, welcher dem Waldviertel seinen Namen gibt. Da die Sonne mittlerweile sehr kräftig scheint sind wir für den Schatten dankbar – trotz der mittlerweile kurzen Hosenbeine.

Kleinfeld lautet der hier eher unpassende Flurname
Kleinfeld lautet der hier eher unpassende Flurname
Wegweiser
Wegweiser

Dank des hohen Siloturms erblicken wir Langau schon von weitem, näher kommen will es anscheinend nicht. Im dortigen Gasthof wird uns die Ehre zuteil, die Gastgartensaison zu eröffnen, wir sitzen schon als der erste Tisch herbeigetragen wird. Unsere zweite Pause ist nun Bernhards erneute Chance.

Bei der Alten Post können wir persönlich die 2015er-Erstbesitzung des Gastgartens vornehmen
Bei der Alten Post können wir persönlich die 2015er-Erstbesitzung des Gastgartens vornehmen

Während wir unseren Gaumen mit kühlen Getränken pflegen, kommt Bernhard uns wohl ein gutes Stück näher. Aber nach bester Katz-und-Maus Manier brechen wir rechtzeitig auf, so dass er um einen dritten Anlauf nicht umhin kommt. Es sitzt sich hier zwar sehr gemütlich, doch allzu sehr wollen wir unsere Beine nicht einrosten lassen, weitere zwölf Kilometer trennen uns von unserem Tagesziel.

Viel Holz
Viel Holz
Der Traum jedes Weitwanderers: Einmal bis zum Horizont gehen!
Der Traum jedes Weitwanderers: Einmal bis zum Horizont gehen!

Am Weg durch das Hungerfeld halten wir schon wieder Ausschau nach einem Pausenplatz, auch unsere Mägen knurren mittlerweile. Beim Barockschloss in Riegersburg – nicht zu verwechseln mit der oststeirischen Festung gleichen Namens – beschließen wir, unsere Rucksäcke zu plündern.

Aus dem kalorienreichen Festmahl wird jedoch nichts, die mitgebrachten Schokoladenvorräte enttäuschen unsere hohen Erwartungen. Im Rucksack zu einer wabbeligen Kakaomasse mutiert, bleibt die Packung aus Sicherheitsgründen fest verschlossen.

Durch den Wald bei Viehhappeln
Durch den Wald bei Viehhappeln
Als Steirer habe ich die Riegersburg anders in Erinnerung
Als Steirer habe ich die Riegersburg anders in Erinnerung

Aber dafür sind wir nun zu viert unterwegs: Bernhard hat uns endlich eingeholt und gemeinsam brechen wir auf nach Felling, leider nun längere Zeit auf Asphalt.

Ab sofort zu viert: Mit Bernhard haben wir einen neuen Begleiter
Ab sofort zu viert: Mit Bernhard haben wir einen neuen Begleiter
Sechs oder doch nur 1¾ Stunden? Die Routenwahl nach Hardegg fällt uns nicht schwer!
Sechs oder doch nur 1¾ Stunden? Die Routenwahl nach Hardegg fällt uns nicht schwer!
Ein Blick zurück offenbart: Böse, dunkle Wolken folgen uns!
Ein Blick zurück offenbart: Böse, dunkle Wolken folgen uns!
Klein aber nützlich ist so mancher Wegweiser
Klein aber nützlich ist so mancher Wegweiser

Beim verfallen(d)en Forsthaus biegen wir wieder in den Wald und können bald einen ersten Blick auf die tief unter uns fließende Thaya werfen. Ein längerer Aufenthalt wäre aber jetzt fehl am Platz, grollt hinter uns doch bereits das erste Gewitter der Saison.

Der erste Blick auf die Thaya!
Der erste Blick auf die Thaya!
Buntes Wandervolk
Buntes Wandervolk
Im Gänsemarsch am Weg nach Hardegg
Im Gänsemarsch am Weg nach Hardegg

In Serpentinen schlängeln wir hinunter zum Thayaufer und bereits bei den ersten Häusern von Hardegg fallen schwere Tropfen auf unsere Häupter. Zu unserem Pech befindet der auserkorene Gasthof am anderen, deutlich höher gelegenen Ende der Stadt, übrigens der kleinsten Österreichs.

Düster blickt die Burg Hardegg auf uns herunter
Düster blickt die Burg Hardegg auf uns herunter
Flucht vor dem Regen
Flucht vor dem Regen

Für die letzte Minute kramen wir noch die Regenjacken aus den Rucksäcken, bevor wir endlich den Gasthof Hammerschmiede erreichen – übrigens nicht verwandt mit unserem gestrigen Quartiergeber.

Tag 9: Hardegg – Thayatal – Retz

Der Tag beginnt mit einer schlechten Nachricht: Wegen vieler umgestürzter Bäume sei der Weg am Ufer der Thaya gesperrt, verkündet unsere Wirtin, in Personalunion auch Feuerwehrfrau. Einen entsprechenden Aushang haben wir zwar schon gestern gesehen, aber noch gehofft, dass er veraltet ist.

Auf die Frage, wie gesperrt der Weg denn wirklich ist, relativiert sich das Ganze. Der pragmatische Vorschlag “Umkehren könnt’s immer noch!” deckt sich gut mit unseren Vorstellungen.

Zuvor noch machen wir einen Ausflug in die Česká republika, mit Schranken und Grenzhäuschen konnte sich der kleine Grenzübergang noch ein wenig vom Flair des Eisernen Vorhangs erhalten. Aber Wanderer und Radfahrer dürfen hier frei passieren.

Heute lächelt uns die Burg wesentlich freundlicher zur
Heute lächelt uns die Burg wesentlich freundlicher zu
Auf einen Sprung zu den Nachbarn...
Auf einen Sprung zu den Nachbarn…

Nun können wir den Weg entlang der Thaya in Angriff nehmen, die ersten Meter zeigt sich der Weg sanft und gutmütig. Erst nach einer halben Stunde erreichen wir den gesperrten Abschnitt.

Das rückblickende Fazit: Die Aufräumarbeiten sind schon weit gediehen, fast problemlos gelingt das durchkommen. Aber eine erkleckliche Anzahl an Schildern macht klar, dass wir Wanderer hier im Moment nicht gern gesehen sind, einige Reparaturen sind noch ausständig.

Ein großer Dank an allen Helfern, für ihren Einsatz diesen schönen Weg wieder für jedermann begehbar zu machen! Update 30.4.: Die Sperre ist wieder aufgehoben, der Weg durchgängig begehbar!

Die ersten Meter entlang der Thaya
Die ersten Meter entlang der Thaya
Über Stock und Stein
Über Stock und Stein
Am Thayatalweg
Am Thayatalweg
Was der Eisregen im Winter 2014/15 hinterlassen hat
Was der Eisregen im Winter 2014/15 hinterlassen hat
Die Hindernisse können aber (fast) alle einfach umgangen werden
Die Hindernisse können aber (fast) alle einfach umgangen werden

Bald erreichen wir den Fuß des Umlaufbergs. Um lediglich 100 Meter Luftlinie zurückzulegen, zieht die Thaya hier eine Schlinge von 3.5 Kilometern, läuft um den Berg herum. Unsere Markierung kürzt ab, wir nehmen trotzdem die lange Route, um den schönen Wegabschnitt so richtig auszukosten. So schaut’s aus!

An der Thayaschlinge rund um den Umlaufberg
An der Thayaschlinge rund um den Umlaufberg
Der Wald ist voller Bärlauch!
Der Wald ist voller Bärlauch!
Am Ende des Umlaufs
Am Ende des Umlaufs
Wandern im Thayatal
Wandern im Thayatal
Einmal noch legt sich die Thaya in die Kurve...
Einmal noch legt sich die Thaya in die Kurve…

Unterhalb der Ruine Nový Hrádek (Neuhäusl) am tschechischen Ufer wenden wir uns von der Thaya ab und folgen eine Weile dem Kajabach bis zum Sagteich nahe der Ruine Kaja.

Dort müssen wir aufpassen, keiner der zahllosen Erdkröten zu nahe zu treten. Vor Liebe blind werben sie mitten am Wanderweg um die Gunst der holden Krötinnen. Für plötzlich von oben herabstürzende Wanderschuhe haben sie da kein Auge.

Frühlingsbeginn im Nationalpark Thayatal
Frühlingsbeginn im Nationalpark Thayatal
Im Tal des Kajabachs
Im Tal des Kajabachs
Der liebliche Kajabach...
Der liebliche Kajabach…
...plätschert vor sich hin
…plätschert vor sich hin
Erdkröten auf Brautschau
Erdkröten auf Brautschau

Danach folgt eine lange Forststraßengerade der nächsten, bis wir bei einem Unterstand den Wald verlassen. Zwar ziehen schon wieder die bösen Wolken auf, doch von einer Pause lassen wir uns jetzt nicht abhalten.

Am Ende eines langen Waldstücks
Am Ende eines langen Waldstücks
Pause muss sein! Ist es noch weit?
Pause muss sein! Ist es noch weit?

Weiterziehend müssen wir uns stellenweise auf die Karte verlassen, die Wegmarkierung hat durch Schlägerungen stark gelitten. Nur für Adleraugen ist in diesem Abschnitt hie und da ein blasses Rot-weiß-rot zu erspähen.

Die Wolken von gestern tauchen wieder auf
Die Wolken von gestern tauchen wieder auf
Eine verblasste rot-weiß-rote Markierung weist uns den Weg
Eine verblasste rot-weiß-rote Markierung weist uns den Weg

Bei Hofern treffen wir auf den Kamp-Thaya-March Radweg, dem der letzte Abschnitt seine schwarze Asphaltdecke zu verdanken hat. Weinberge und die Retzer Windmühle sind die verbleibenden Highlights bevor wir die Stadt Retz erreichen.

Eine Gewöhnliche Kuhschelle blüht einsam am Wegesrand
Eine Gewöhnliche Kuhschelle blüht einsam am Wegesrand
Die Retzer Windmühle
Die Retzer Windmühle

Und die Frage, ob sich die Windmühle wirklich vom Wind in Bewegung versetzen lässt, wird prompt beantwortet. Muss sie auch, schließlich ist man hier stolz darauf, die einzige voll funktionsfähige Windmühle Österreichs zu haben.

Fast am Ziel: Einmarsch nach Retz
Fast am Ziel: Einmarsch nach Retz
Hier beginnt/endet der Thayatalwanderweg 630
Hier beginnt/endet der Thayatalwanderweg 630
Am österlich geschmückten Hauptplatz von Retz
Am österlich geschmückten Hauptplatz von Retz

In Retz bleibt uns nur mehr die Aufgabe, den Bahnhofsvorplatz zu finden, wo wir vorgestern den Bus ins Waldviertel bestiegen haben. Keine Markierung hilft uns hierbei, aber wir finden unser Ziel und eine wunderbare Wanderung geht hier zu Ende.

Der Thayatalweg endet in Retz, der Österreichische Grenzlandweg 07 geht weiter. Bereits ein Jahr ist vergangen, seit ich mich von hier auf die Fortsetzung des 07ers bis in die Vororte Wiens gemacht habe.



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6 Kommentare

  1. Superbericht aus einer tollen und unterschätzen Gegend!

  2. Und ich dachte, meine Bezirkshauptstadt Feldkirchen/Kärnten ist die einzige, wo man nur über die Umfahrungsstraße vom Hauptplatz ins Zentrum kommt 🙂

  3. Da könnte mir gar keine bessere Nachlese zu dieser Tour einfallen. Und wenn ich mir ansehe, wie das Vierer-Selfie geworden ist…einfach großartig!!! War fein, mit euch mitgewandert zu sein.

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