Eine gemütliche Zeltnacht am Untersberg, zu meinen Füßen das Salzburger Lichtermeer sowie ein Weiterkommen am Rupertiweg bis Berchtesgaden. So habe ich mir das Wochenende vorgestellt.
Was ich noch nicht weiß: Wieder einmal werde ich die Zeltausrüstung umsonst auf einen Berg tragen, wie so oft kommt es anders als man denkt.
Tag 9: Salzburg – Zeppezauerhaus
Mein Startpunkt ist die Bahnhofsgarage. Tariflich wahrlich keine Okkasion, dafür erwartet mich mein Auto genau dort, wo ich es nach meiner Rückkehr brauchen werde. Auch komme ich von hier schnell zum Pioniersteg, über den ich auf das linke Salzachufer wechsle. Die Salzach werde ich am Rupertiweg noch einmal kreuzen, aber bis dahin liegen noch einige Tourentage vor mir.
Vom mozartstädtischen Großstadttrubel bekommt der Rupertiwegwanderer nur wenig mit, nach einem kurzen Spaziergang am Franz-Josef-Kai führt der Weg hinauf auf den Mönchsberg und von dort aussichtsreich zur Festung Hohensalzburg.
Der Weg ist durch die Stadt zwar markiert, bei mancher Abzweigung darf man trotzdem ‘raten’. Doch mit Süden ist die grobe Richtung bekannt, somit kann nicht viel schief gehen. Nach der Umrundung der Festung kreuzt der Weitwanderweg 04, auch der 06er spielt hier irgendwie mit. Ein Wegweiser mitten auf der grünen Wiese markiert einen Weitwanderwegeknotenpunkt.
Für einige Kilometer begleitet mich nun das Plätschern des milchig-grünen Almkanals. Dort, wo sich einst ein Wehr befand, tummeln sich heute die Surfer, dick in Neopren verpackt. Ihre Künste bekomme ich jedoch nicht zu sehen, denn das fachmännische Justieren der versammelten GoPros lässt den Herren keine Zeit, um auf der Welle zu reiten.
Bei der Pflegerbrücke endet die Stadtroute des Rupertiwegs und trifft wieder auf den Hauptweg, der in der Zwischenzeit den Gaisberg überschritten hat. Beim Brückenwirt hole ich mir Stempel und Stärkung, mein Plan, mein Frühstück beim ersten Bäcker am Weg nachzuholen, ist bisher nicht aufgegangen. Und vor mir türmt sich schon eindrucksvoll mein Tagesziel auf.
Nach der Unterquerung der Tauernautobahn lande ich im Ort Glanegg, von dort beginnt der Aufstieg auf den Untersberg. Am Reitsteig geht es durchwegs steil zur Sache, auf die Flachstücke hat man wohl vergessen.
Viele Stellen sind mit Holzstufen ausgestattet – und zwar wirklich viele! Und böserweise verleiten diese dazu, ein höheres Tempo zu gehen, als wenn man vorsichtig über den rutschigen Kalkstein steigen müsste.
Das fehlende Frühstück und der steile Aufstieg fordern bald ihren Tribut, die Intervalle zwischen den Pausen werden immer kürzer.
Ich bin schon sehr dankbar, als das Zeppezauerhaus endlich ins Blickfeld kommt. Heute noch – wie eigentlich geplant – ein gutes Stück weiterzugehen und in diesem unwegsamen Gelände einen Zeltplatz zu suchen, danach steht mir der Kopf nicht mehr.
Und ich habe Glück, es ist noch ein Schlafplatz für mich frei – da hätte ich auch mit leichterem Gepäck marschieren können. Des Hüttenwirtes Leid ist mein Glück: War die Hütte mit ihren 60 Schlafplätzen für heute eigentlich komplett ausgebucht, haben bis auf drei (!) Gäste alle abgesagt!
Auch wenn mein Zelt nun im Rucksack bleiben muss, die Aussicht ist auch von hier fantastisch. Suppe, Bratwurst und Radler sorgen für das kulinarische Wohlergehen im “Zeppi”.
Morgen werde ich dann ausgeschlafen über den ganzen Untersberg mit seinen beiden Hochthron-Gipfeln zum (noch geschlossenen) Störhaus wandern und von dort nach Berchtesgaden absteigen. Oder?
Am nächsten Morgen…
Schon in der Nacht erzählt das Hüttendach gurgelnd die Geschichte vom “einzelnen Schauer an der Alpennordseite”. Sogar im Radio hat man gestern bereits von ihm gesprochen und genau hier und jetzt darf ich miterleben, wie er sich die Ehre gibt!
Obwohl sich mein Zimmer mit dem Namen “Sonnenaufgang” schmückt, bleibt der graue Vorhang vor dem Fenster in der Früh geschlossen.
Trotzdem gehe ich vor die Hütte Frischluft schnuppern. Kalt ist es nicht, aber die Sicht reicht gerade einmal 50 Meter weit. Hüttenwirt Günther meint, bis mindestens Mittag wird das auch so bleiben. Die Motivation hat sich ohnehin schon in den Keller verzogen.
Auch wenn ich nicht will, ich muss: Mit frisch geschnürten Wanderschuhen marschiere ich im Nieselregen trotzdem flotten Schrittes weiter bergauf. Allerdings nicht mehr als die eine Viertelstunde bis zur Bergstation der Untersbergbahn. Mit ihr gondle ich um 8:30 Uhr als erster Passagier talwärts, Berchtesgaden wird auf mich warten müssen.
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