Die “Berge” des Hausruck und des Kobernaußer Waldes habe ich hinter mir gelassen, mit Höhenmetern wird die heutige Etappe nur sehr spärlich gewürzt sein. Doch das kommt mir sehr entgegen: gestern war ein langer Tag und auch heute habe ich mir wieder einiges vorgenommen.
Ein kürzerer Erholungstag ist dann für morgen eingeplant. Versprochen!
Tag 6: Mattighofen – Ostermiething
Von Mattighofen bekomme ich nicht allzu viel zu sehen, am Zentrum vorbei marschierend verlasse ich es am Morgen gleich wieder in südlicher Richtung.
In Pfaffstätt dreht der Weg nach Westen und hält auf den Siedelberg zu. Kein richtiger Berg, aber ein langgezogener bewaldeter Rücken legt sich quer über den Rupertiweg. Für den kurzen Aufstieg werde ich mit einem schönen Waldstück belohnt.
Der immer unscheinbarer werdende Weg, ein umgestürzter Baum und ein just an dieser Stelle abzweigender Hohlweg verführen mich dazu, den Wald genauer zu erkunden. Bis dann plötzlich der schon-lange-keine-Markierung-mehr-gesehen-Alarm anschlägt!
Abgesehen von dieser kurzen Unterbrechung sorgt die Alpenvereinssektion Mattighofen allerdings für eine ausgezeichnete Markierung.
Auf der anderen Seite des Siedelbergs verlasse ich den Wald wieder und erreiche die Ortschaft Auerbach. Sollte ich jemals in die Verlegenheit geraten, hier ein Kellerlokal zu eröffnen, ich würde es Des Pudels Kern nennen.
Aber hier und heute lädt nichts zu einer Einkehr ein, also werden Moosdorf, Sattlern, Edt und Renzlhausen erwandert, leider größtenteils auf Asphalt. Einen Waldrand nutze ich unterwegs für die erste Pause.
Jenseits von Gstaig wird es wieder angenehmer zu gehen und bei Oppelhausen verschwindet der Weg erneut im Wald. Dieser Abschnitt ist eine der positiven Überraschungen der heutigen Etappe: Nach der letzten Eiszeit hat hier der Salzachgletscher eine Seitenmoräne hinterlassen, am Gletscherrand marschiere ich nach Eggelsberg.
Es ist Punkt 12 Uhr und ich verpasse mein Mittagessen knapp, in der hiesigen Fleischerei zieht man vor meiner Nase die Vorhänge zu. Aber die freundliche Dame am Gemeindeamt ist auch um 12:01 Uhr noch für mich da und gibt mir Stempel, Einkehrtipps und umfangreiches Prospektmaterial.
Durchs Ibmer Moor führt eine Variante des Rupertiwegs, um einige Kilometer länger aber laut Wanderführer ein “absolutes Muss”. Doch in Ibm verpasse ich wohl die Abzweigung und komme erst beim Heratinger See, den ich auf seiner Südseite passiere, in den Randbereich des Moors.
Bis zum Ort Holzöster bleibt der Weg abwechslungsreich, ab dem Holzöstersee verläuft der restliche Tag ausschließlich auf Asphalt.
Am Ortseingang von Haigermoos steht eine Tafel mit zahlreichen Übernachtungsmöglichkeiten. Eigentlich für die Pilger der Via Nova gedacht, wäre auch ich gut beraten gewesen, eine davon in Anspruch zu nehmen.
Denn als ich eine Stunde später ich mein Etappenziel Ostermiething erreiche, stellt sich schnell heraus, dass es dort sämtliche Gästebetten der Vergangenheit angehören. Freundliche Einheimische versuchen mir zwar zu helfen, aber der einstmals große Gasthof im Ort ist und bleibt geschlossen.
Alle telefonisch erreichbaren Quartiere sind mindestens vier Kilometer entfernt, aber da ich heute schon deren 40 unter den Fußsohlen habe, hält sich meine Begeisterung in Grenzen. Also marschiere ich zurück zum Bahnhof und nehme den Zug in den nächsten größeren Ort, Oberndorf bei Salzburg.
Mein Glück: die Bahnstrecke nach Ostermiething wurde erst vor drei Monaten eröffnet.
Ich bin diesbezüglich ja nicht heikel, aber in Oberndorf machen die Quartiere am österreichischen Ufer der Salzach keinen einladenden Eindruck, schon lange verblasst ist deren Glanz. Schließlich ergattere ich das letzte Zimmer im Gasthof Greimel im bayrischen Laufen, über die Grenzbrücke ist es ja ein nur ein kurzer Sprung.