Um die in den Schladminger Tauern und am Hohen Sonnblick erworbenen roten Blutkörperchen bis zur kommenden Hochtourenwoche am Großvenediger am Leben zu erhalten, will ich wieder einmal in größere Höhen steigen.
Die Gipfel rund ums Ötztal habe ich schon länger am Radar, die Kreuzspitze (3455m) ist ein leichter 3000er, die Fineilspitze (3514m) soll als etwas anspruchsvollere Zugabe am nächsten Tag herhalten.
Ein Rundruf bringt das übliche Ergebnis: Werner ja, Orotl nein.
Die Anreise gestaltet sich etwas mühsam, wegen eines Felssturzes ist die Ötztalstraße gesperrt, wir müssen daher wir einen Umweg über Südtirol in Kauf nehmen. Werners kreative Routenwahl in Kärnten kostet uns dann noch eine zusätzliche Stunde.
So starten wir erst nach 16 Uhr in Vent und steigen unspektakulär durchs Niedertal zur Martin-Busch-Hütte (2501m) auf, wo wir nächtigen.
Zur Hütte: Riesiger, leckerer Kaiserschmarren, ansonsten etwas unpersönlich. Aber zum Schlafen reicht’s.
Am nächsten Tag nehmen wir um 7:10 Uhr den Weg zur Kreuzspitze in Angriff. Gut 900 Höhenmeter müssen wir überwinden, um auf Werners ersten Dreitausender zu stehen.
Bis zum Brizzisee (letzte Möglichkeit, Wasser zu tanken) und der verfallenen Brizzihütte, gehen wir über Almwiesen, ab dort geht es über Fels und Geröll aufwärts. Ein kleines Schneefeld erleichtert zwischendurch den Aufstieg (und später auch den Abstieg).
Wir scheinen heute als erste unterwegs zu sein, auch hinter uns lässt sich niemand blicken. Als wir genau nach zweieinhalb Stunden den Gipfel erreichen, haben wir diesen für uns alleine. Ganze eineinhalb Stunden lang!
Der Weg herauf war wirklich einfach, von meinen bisher bestiegenen 3000ern ist dieser zwar der höchste, aber definitiv der leichteste. Und zwar mit Abstand!
Die Aussicht ist herrlich, leider sind mir die Gipfel in diesem Gebiet dast alle fremd, nur wenige Berge kann ich anhand der Karte identifizieren.
Unser nächstes Ziel ist das Niederjoch, wo wir – wenige Meter jenseits der Grenze zu Südtirol – auf der Similaunhütte (3017m) nächtigen wollen, die uns am nächsten Tag als Basislager für die Fineilspitze (3514m) dienen soll.
Um nicht wieder ganz zur Martin-Busch-Hütte absteigen zu müssen, versuchen wir beim Brizzisee einen weglosen Abschneider und stoßen auf einen Steig, der uns ohne großen Höhenverlust hinüber zum Weg auf das Niederjoch bringt.
Knapp vor der Hütte begegnen uns einige Mountainbiker, die anscheinend aus Liebe zu ihrem Bike selbiges tragen. Sollte es nicht umgekehrt sein?
Die Similaunhütte hat leider keine Plätze für uns frei, ergo muss ein Plan B her. Dieser muss wohl oder übel einen Abstieg mindestens bis zur Martin-Busch-Hütte vorsehen.
Aber zuerst gehen wir hinüber zum Tisenjoch, dort wurde vor 20 Jahren jene Gletschermumie gefunden, die man heute als Ötzi kennt. Bitte nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen “Sänger”!
Ich liebäugle zuerst noch, gleich auch noch die Fineilspitze zu erstürmen. Aber da ich mich langsam aber sicher schon etwas müde fühle und auch Werner immer weiter zurückfällt, lassen wir es dann doch sein.
Wir steigen dann gleich ganz nach Vent ab und landen dort im Hotel Kellerhof, praktischerweise mit eingebauter Pizzeria – nach über 11 Stunden auf den Beinen sehr willkommen!
Am nächsten Tag wollten wir eigentlich noch etwas “Kleines” unternehmen und mit Sesselliftunterstützung aufs Wilde Mannle (3023m) steigen. Doch dazu kommt es leider nicht mehr, wir müssen gleich in der Früh in Richtung Heimat abreisen.
Schön war’s in den Ötztalern, auch wenn aus dem zweiten Dreitausender nichts mehr geworden ist!