Endlich tut sich was! Der vorletzte Tag meiner #südwärts-Tour bringt mich nicht nur auf den steirischen Berg schlechthin, sondern ist auch gespickt mit Geschichten: Ein bröselnder Berg, ein raschelndes Packerl sowie ein paar Schwindeleien sind die Themen, die mich auf den Hochschwab begleiten.
Wieder ist es der frühe Bus, der mich in das Reich des Erzbergs bringt. Punkt zehn nach sieben stehe ich am Präbichlsattel und sehe dem einsamen Windrad zu, wie es mit hoher Schlagzahl den elektrischen Strom in die hochsteirischen Steckdosen pumpt. Damit Kaffee gekocht und Frühstückseier gebraten werden können, während ich im Frühtau zu Berge… na vallera!
Mehr erdig als felsig führt mich der Knappensteig hinauf zur Leobner Hütte, nach einer Stunde Wanderzeit sieht meine Wanderhose bereits aus, als wäre ich bereits den gesamten NSWW damit unterwegs. Donnerstags gibts es an diesem letzten Außenposten der Stadt Leoben weder Speis noch Trank noch Stempel, als ob ich nie hier gewesen wäre, ziehe ich gleich weiter auf den Hirscheggsattel.
Kapitel 1: Die Geschichte vom zerbröselnden Berg
Nun folgt eine Verschnaufpause, flach, sogar leicht bergab führt der Weg zum Neuwaldeggsattel am Fuße der Frauenmauer.
Dafür bekommt mein Hirn etwas zu tun: Ich wundere mich über seltsame Grabungsarbeiten am Weg. Ein paar größere Steine hat man hin- und hergeräumt und die Latschen wirken merkwürdig geknickt. An einer Stelle so etwas wie ein kleiner Hangrutsch.
So richtig zusammenpassen tut das alles nicht, aber ich stelle mir fleißige Heinzelmännchen des Alpenvereins vor, die hier gerade an einer Wegsanierung arbeiten und marschiere weiter.
Erst am anderen Ende des Hochschwabs lese ich dann in der Zeitung, wer hier der Schuldige ist. Die Griesmauer, der Gipfel zu meiner rechten, hat sich einiger ihrer Felsen entledigt und diese auf meinen Weg und die darunter liegende Alm gestreut. Na bumm!
Mittlerweile wurde dieses Wegstück gesperrt, für den 05er-Wanderer ist ein größeres Hindernis, denn kleinräumige Umleitung gibt’s hier keine. [Update: Der Weg ist nun wieder begehbar.]
Kulmalm, Hörndlalm, Kotek-Steig. Viele kleine Auf- und Abstiege später erreiche ich die Hütte auf der Sonnschienalm. Mittag ist’s gerade, Zeit für eine Stärkung in flüssiger Form. Nicht viel ändert sich der weitere Weg zur Häuslalm, dort das gleiche Prozedere.
Kapitel 2: Die Geschichte vom Schwertransport zum Schiestlhaus
Wenn ich auf Hütten ohne Zufahrtsstraße oder Seilbahn einen Schlafplatz reserviere, frage ich oft, ob ich was mit hinauf bringen soll. Meist ist man für frisches Obst, Gemüse oder andere schlecht lagerfähige Dinge dankbar. Doch am Schiestlhaus wünscht man sich partout Kartoffelchips! Die haben wohl zu Saisonbeginn auf der Packliste für den Hubschrauber keinen Platz mehr gefunden…
Und genau hier fängt mein Elend an: Der Wandertag heute ist ein langer, bei jedem Schritt raschelt das kalorienreiche Sackerl im Rucksack, minütlich wird mein Verlangen danach größer. Trotz des leichten Pakets ein wahrer Schwertransport.
Im heutigen Sprachgebrauch ist die Bedeutung des Wortes Askese im Allgemeinen auf den Aspekt einer freiwilligen Enthaltsamkeit eingeengt, die zwecks Erreichung eines als höherwertig geltenden Ziels praktiziert wird. (Wikipedia)
Jetzt kann ich endlich nachvollziehen, was das bedeutet, aber aufs Schiestlhaus wär ich auch ohne diese Folter gegangen. Wie froh ich doch sein werde, wenn ich später das wegen des geringen Luftdrucks aufgeblähte Paket endlich abgeben kann!
Ab der Häuslalm beginnt dann der zweite Teil des Aufstiegs, ich befinde mich immer noch auf der gleichen Seehöhe, auf der ich bei der Leobner Hütte vor Stunden schon war.
Kapitel 3: Die Geschichte von den Märchenerzählern
Kennt ihr vielleicht: In Wien, da gibt es einen Verein, der nennt sich ZAMG. Das M steht dabei für Meteorologie, das ist hochdeutsch für Wetterzeugs. Daher möge man annehmen, die kennen sich dort aus mit dem, was von oben kommt.
Deswegen, das hab ich im Wanderführerkursus so gelernt, erkundige ich mich vor Bergtouren dort immer, wie das Wetter denn so werden soll. Manchmal tun sie schon ein bissl schwindeln, daran habe ich mich im Laufe der Zeit schon gewöhnt. Aber seit heute weiß ich: das M steht in Wahrheit für Märchenerzähler!
Denn im Internet da haben die nämlich so eine Karte von der Steiermark. Auf die haben sie ganz ganz viele Sonnensymbole mit ganz ganz vielen lustigen Sonnenstrahlen rundherum gemalt und ein paar hübschen Wölkchen drumherum. Und 26 Grad haben sie gesagt im Radio. Ich hab mich soooo gefreut…!
Und jetzt steh ich da mit Handschuhen an den Pfoten und Haube auf dem Kopf und kämpfe gegen Sturmböen, die mich fast vom Hochschwab blasen. Von den Sonnenstrahlen sehe nichts, vermutlich weil es durch einen dummen Zufall gerade ein bisserl neblig ist.
Als ich im Fleischer-Biwak kurz Unterschlupf vor den Wetter suchen will, fädelt der Sturm ein spontanes Blind Date der schweren Tür des Fleischer-Biwaks mit meinem Knie ein. Da ist klar, das ich den Hochschwab-Gipfel heute auslassen werde. Aber nicht nur deswegen, die Gefahr dass mich der Wind die steile Südwand hinunter weht, ist heute einfach zu groß.
Also rund um den Gipfel herum statt oben drüber – und schon bald sehe ich das Schiestlhaus vor mir. Gerade rechtzeitig, denn in dem Moment als ich meine knisternde Fracht beim Hüttenwirt gegen einen Durstlöscher tausche, legt der Nebel endgültig einen undurchdringlichen grauen Schleier über den Berg. Das einzige, was ich von draußen mitbekomme ist das Zerren des Sturms an der Hütte.
Wenn das Wetter nicht besser wird, muss ich morgen wohl den kurzen Weg ins Tal suchen. Das bedeutet, im Dullwitzgraben zur Voisthaler Hütte zu gehen statt der Höhenwanderung über die Aflenzer Staritzen.
Abgesehen vom Sturm verbringe ich eine ruhige Nacht, die vier Hüttengäste verteilen sich auf fast ebensoviele Schlafgemächer. Das schlechte Wetter hat doch etwas Gutes, denn so einsam und gemütlich hat man’s am Schiestlhaus selten!
Ah, fein. Schon einmal ein Vorgeschmack was uns die kommende Woche erwartet. Danke für den tollen Bericht 😉
Da wünsche ich Euch beiden viel Spaß, der Schwabe ist immer ein besonderes Erlebnis!
Was, das Schiestlhaus kann auch einmal so gut wie leer sein? Gibt’s ja gar net.
Wetter”glück” muss man haben 🙂
Unter der Woche ist es eigentlich immer ganz erträglich, außer vielleicht in der Hochsaisen.
Da kann ich nur den Wetterbericht von http://www.bergfex.at empfehlen!
Der Hochschwab hat Dir diesmal die kalte und windige Schulter gezeigt!
Kenn ich natürlich. Was mir an der ZAMG normalerweise “gefällt” ist, dass sie üblicherweise eher pessimistisch vorhersagen. Diesmal halt nicht.
Griasdi Miguel!
Warst Du am 15.08. am Hochfeiler? 😉
Viele Grüße
Martin