It’s that time of the year, again! Da sich auf den hohen Wegen bereits der Schnee breit macht, rücken die etwas moderater angelegten Mariazellerwege in den Fokus. Auch wenn der Herbst bereits langsam in den Winter übergeht, dort ist immer noch mehrtägiges Wandervergnügen zu holen.
Diesmal hinterlasse ich meine Spuren am Nordrand der Alpen, ausgehend von Linz steuere ich das Alpenvorland an, um dort durch die ersten Winterlandschaften des Jahres zu stapfen.
Tag 1: Linz-Ebelsberg – Steyr
Die Tage werden kürzer, die Wege tun das nicht. Langstreckenwanderer bringt das gegen Jahresende zunehmend in die Bredouille, denn abends stundenlang in der Finsternis wandern zählt nicht zu den Highlights des Weitwanderns. Und äußert man vorsichtig den Wunsch nach einer Frühstückszeit lang vor sieben Uhr, blickt man bei vielen Wirtsleuten in große, verständnislose Augen.
Beim Gh. Schoiber jedoch fallen Weitwanderer nicht einmal dann ungut auf, wenn sie bereits 15 Minuten vor der vereinbarten (Un-)Zeit ungeduldig mit den Fingern auf den Frühstückstisch trommeln. Der Schoiber liegt an den Hängen des Dambergs bei Steyr, auf dem Mariazellerweg genau in der Mitte zwischen Linz und Waidhofen.
Dieser Umstand lässt es zu, den Wirt auf dieser Tour gleich zweimal als Basislager zu nutzen.
Heute fahren Werner und ich von Steyr mit dem Zug nach Linz-Ebelsberg, um am südlichen Stadtrand der oberösterreichischen Hauptstadt auf den Oberösterreichischen Mariazellerweg aufzuspringen. Der Asphalt bleibt uns nicht lange erhalten, knapp hinter Ortstafel und Autobahnunterquerung schwenken wir links auf Wiesen und Felder ein, damit uns schließlich Nebensträßchen nach St. Florian mit seinem großen Stift bringen.
Auf meiner Auftaktwanderung am Salzsteigweg habe ich im Gästehaus des Stifts übernachtet, heute besteht kein Bedarf nach der prunkvollen katholischen Unterkunft. Und da sich die beiden Wege hier eine gemeinsame Route teilen, sind wir die erste Tageshälfte auf bereits bekannten Wegen unterwegs.
Lange, aber unschwierige Wege werden den Weitwanderern hier vorgesetzt. Und wenn es doch einmal Probleme gibt, dann sind diese den Niederschlägen der vergangenen Tage geschuldet.
Im Bereich des Wallfahrtsorts Maria Laah nutzen wir alte Wege mit ihrer eigenen religiösen Geschichte. Die Pfaffenstiege sind schon die Pfa…, pardon, die Geistlichen des Schlosses Losensteinleiten auf ihrem täglichen Gang zur Messe hinunter gestiegen. In der Neuzeit strömt der Wallfahrerverkehr jedoch in die Gegenrichtung: ohne die Stufen zu erklimmen führt für Mariazellpilger kein Weg zur Gnadenmutter.
Dieser heilige Mann mit schwerer Last in Losensteinleiten hat es im Vergleich zu anderen Denkmälern gut getroffen. Darf er doch auf dem Schemel verschnaufen, wenn kein gerade keine Wallfahrer vorbeiziehen.
Nach über 20 Kilometern trennt sich der Salzsteigweg an einer unscheinbaren Kreuzung von uns. Ab sofort also Neuland für mich, der Weg und die Landschaft bleiben jedoch genauso gemütlich wie unaufgeregt. Lediglich am Horizont kommen langsam jene Berge ins Blickfeld, auf denen unser Frühaufsteher-Wirt zuhause ist.
Hätte ich das nur vorher gewusst: Um das Wallfahrerabzeichen zu ergattern, muss man den beschwerlichen Weg nach Mariazell ja gar nicht auf sich nehmen. Von dieser Wegtafel könnte man sich einfach eines abschrauben…
Auf einer schmalen Brücke überqueren wir die Steyr, bevor es auf der anderen Seite (für hiesige Verhältnisse) recht steil hinauf geht nach Christkindl.
Aber nein, Weihnachten ist noch nicht nahe genug, die Kirche in Christkindl liegt Mitte November noch im Sommerschlaf. Bald aber schon werden hier Sonderpostamt und Christkindl-Shop wieder aufgesperrt.
Anstatt die Stadt Steyr zu durchqueren, wählen wir eine Wegvariante (06B) welche uns um die Stadt herum führt. Lediglich in Garsten lässt sich eine kurze Zivilisationsberührung nicht vermeiden. Den rechten der beiden Kirchtürme gilt es heute noch zu erklimmen. So scheint es zumindest, denn seine Spitze zeigt genau die Lage des Gasthofs an.
Somit ist auch klar: Heute wird’s noch weiß!
Heute morgen wäre ich noch jede Wette eingegangen, dass die Sonne im Laufe des Tages dem gestern gefallenen Schnee bis zu unserer Rückkehr vollständig Herr wird. Doch dem ist ganz und nicht so: Dambergaufwärts marschiere ich tatsächlich durch eine kalte, weiße Winterlandschaft.
Werner hat mich in Garsten bereits verlassen, um sein Auto vom Steyrer Bahnhof zu holen. Zum Abendessen leistet er mir noch Gesellschaft, dann tritt er die Heimreise an. Auch ich verkrümle mich zeitig auf mein Zimmer, einerseits haben mir die 41 Tageskilometer doch ordentlich zugesetzt, andererseits soll es morgen wieder früh zur Sache gehen.
Tag 2: Steyr – Waidhofen an der Ybbs
Mit dem ersten Tageslicht verlasse ich den Gasthof. Was für Familien als vollständiger Nachmittagsausflug durchgeht, ist zur mein Aufwärmprogramm zur frühen Stunden. Die gut hundert Höhenmeter zur Dambergwarte möchte ich noch vor dem Sonnenaufgang hinter mir haben.
Es wird knapp, aber ich gewinne das kleine Wettrennen mit der Sonne und erreiche den Horizont vor dem gelben Feuerball. Auf der Aussichtsplattform der Warte bekomme ich dafür den Hauptpreis überreicht:
In den nächsten Stunden fällt die Orientierung leicht. Da Osten einen großen Anteil an meiner heutigen Marschrichtung hält, kann ich unbeschwert der Sonne entgegen wandern. Werd’ ich schon nach Waidhofen kommen, irgendwie, irgendwann.
In dem Moment als ich hier auf den Auslöser gedrückt habe, war es mir noch nicht bewusst, aber der Wegweiser am Waldesrand kündet vom Zusammenschluss des Mariazellerwegs mit dem Voralpenweg. Auch Mariazellpilger aus Salzburg kämen hier von rechts daher.
Dem als 04er bekannten Voralpenweg habe ich bisher nur stiefmütterliche Beachtung geschenkt. Aber daran ist er natürlich schon auch ein bisserl selber schuld: Ein Weg, der Wien mit Salzburg verbindet, tangiert die Steiermark bestenfalls peripher.
Doch heute scheint er wild entschlossen, sich meine Gunst zu erwerben. Während seines Gleichlaufs mit dem Mariazellerweg lässt er nichts unversucht, um mir zu zeigen, was er landschaftlich so drauf hat.
Der Plattenberg mit seinen Windrädern ist der einzige Gipfel, den der Weg heute nicht überschreitet. Sonst geht es fast immer oben drüber. In bester Voralpenmanier bleibt aber die Seehöhe immer im gemäßigten Bereich, nur am Spadenberg wird’s einmal kurz vierstellig: 1000 Meter genau, keinen Deut mehr.
Ich habe heuer wirklich nicht wenig erlebt, aber das hier ist zweifelsfrei einer der besten Wandertage des Jahres. Bitte, bitte nicht aufhören!
Mittlerweile haben wir Mittag und ich bin noch keinem einzigen Menschen begegnet. Auch die Glasnerhütte legt gerade die wohlverdiente Pause zwischen Sommer- und Wintersaison ein, auf die eisgekühlten Getränke aus dem Brunnen verzichte ich.
Mit Maria Neustift peile ich nun das nächste Ziel an, vielleicht kann ich mich im noch vor mir liegende Höllgraben ein wenig aufwärmen?
Warm wird mir erst im finalen Aufstieg zur weithin sichtbaren Kirche. Da ich auf die Zeit im Wanderführer mittlerweile eine Viertelstunde herausgearbeitet habe, verbringe ich diese im Windschutz eines Buswartehäuschens und widme mich den letzten Resten aus meinem Jausensackerl.
Es mag am frisch gefallenen Schnee liegen, aber die Markierung oberhalb des Raminggrabens scheint ins Nirgendwo zu weisen. Die Idee, wieder einmal der Sonne die Wegführung zu überlassen und einfach meinem Schatten zu folgen erweist sich als goldrichtig. Dort unten beim Ramingbach finde ich nicht nur meine Markierung wieder sondern auch die Landesgrenze, welche Ober- von Niederösterreich trennt.
In den Hängen des Bischofsbergs beginnt nun eine lange Reise auf den aussichtsreichen Straßen des westlichen Mostviertels. Stoßen mir sonst längere Asphaltstücke gerne ungut auf, hier in den Hügeln lässt sich zwei Stunden lang die Aussicht genießen ohne auf Wurzelwerk und ähnliche Stolperfallen achten zu müssen.
Konradsheim markiert den ‘Fast am Ziel’-Punkt der Etappe, hier beginnt der Abstieg nach Waidhofen an der Ybbs. Angesichts des heute durchaus anspruchsvollen Höhenprofils habe ich nicht damit gerechnet, die Ortstafel vor Einbruch der Dunkelheit ans Ziel zu erreichen.
Fazit: Herbst & Winter, Ebene & Voralpen, grün & weiß. Unterschiedlicher hätten diese beiden Wandertage nicht sein können, das Timing war einfach perfekt! Am liebsten würde ich sowieso gleich weiterwandern.
Drei Tagesetappen trennen Waidhofen/Ybbs noch von Mariazell. Schau ma mal: taugt das vielleicht als Winter-Schneeschuh-Progamm oder als Frühjahrs-Weitwander-Opening, wer weiß das heute schon…?
Da hast du wirklich zwei traumhafte Tage erwischt! Kein Wunder, dass der zweite Tag bei diesem Naturspektakel als “se best one” in den Jahresrückblick wandert.
Das war übrigens genau der Tag, an dem du laut Facebook die Sonne “am 04er vergeblich gesucht” hast.
Ich hab sie gefunden 😉
Super interessanter Wanderbericht mit tollen Bildern. Vor allem die Bilder mit dem vielen Schnee und dem herrlichen Sonnenschein machen Lust auf den Winter!
Liebe Grüße aus Deutschland,
Jörg
Danke! Ja, es war einfach herrlich!
Sehr schön. Und das Highlight Wiener Straße in Linz hat dich nicht gereizt? 😉
Das musste ich aus Zeitgründen leider auslassen… 😉
Gratuliere zu dieser schönen Tour!