Zwei Routen bietet der Nordalpenweg ab (Pfarr-)Werfen wieder an, die über den Hochkönig lockt mich schon lange. Und es wäre sogar kurzfristig ein Schlafplatz im Matrashaus zu haben. Auch wenn dieses meist die ganze Saison (vor)ausreserviert ist – die Möglichkeit am Vorvortag kostenlos zu stornieren, erlaubt Weitwanderern doch “spontanen”, einen Platz zu ergattern.
Trotzdem trau ich mich nicht drüber, bei den 2400 Höhenmetern am Stück war ich mir vorab nicht sicher, ob ich die derzeit „durchderdruck“ (die etappenhalbierende Ostpreußenhütte ist 2023 geschlossen). Und am anderen Ende des Hochkönigs – nach einer weiteren langen Etappe – hat das Riemannhaus wegen Bauarbeiten auch nur beschränkte Kapazitäten und zeigt im Reservierungssystem nur rote Punkte (darauf hätte ich es allerdings notfalls ankommen lassen). Also die Hochkönig-Umgehungsroute 01A!
Tag 32: Pfarrwerfen – Hinterthal
Aber der Tag wird auch ohne Hochköniggipfel lang: die Erichhütte will mich als Schlafgast nicht haben (O-Ton Wirt: „Na, des geht net“), somit muss ich bis Hinterthal durchmarschieren.
Was wiederum bedeutet: früh aufstehen und noch vor 6 Uhr am Pfarrwerfener Bahnhof die Wanderschuhe schnüren, während die Sonne gerade die Berggipfel zu kitzeln beginnt.
Das erste Kapitel spielt sich (bis auf kurze Ausnahmen) auf Forststraßen ab, wobei ein Grundstock an Höhenmetern erworben wird, bevor ab einem Gatter die schönen Wanderwege beginnen. Eineinhalb Stunden dauert dieser „Zustieg“.
Dann aber: durch den Wald zur Steinalm und quer über die steilen Almwiesen zu Mitterfeldalm, wo Speck und Spiegelei zum Frühstück serviert werden. Verdient, wie ich meine: 3 Stunden habe ich gebraucht, der Wegweiser im Tal hat mir da mehr versprochen.
Anschließend an den Schmaus mit Rückblick aufs Tennengebirge geht’s weiter zum Arthurhaus, das ich aber links liegen lasse.
Nun beginnt ein Höhenweg zur Erichhütte, der sich als deutlich länger entpuppt als ich ihn von der Planung im Kopf hatte. Höhenmeter gibt’s nie viele auf einmal, dafür aber oft. Nur der Anstieg zur Vierhüttenalm ist zwischendurch etwas länger.
Ich sehne mir schon die Erichhütte herbei, aber jeder Blick auf die Karte offenbart: das dauert noch. Eine Pause auf einer Bank verleidet mir die aufdringliche lokale Almbevölkerung, nach einem schnellen Schluck aus der Wasserflasche ergreife ich zwangsweise schon wieder die Flucht.
Beim Geht-net-Erich treffe ich Schlag 1 Uhr ein, und ehrlich: hier hätte es mir für heute wirklich gereicht, aber mehr als Supperl und Radler werde ich hier nicht kriegen – und das Schlafzeug kam ohnehin rucksackoptimierend nicht mit, daher vermeide ich auch die Frage nach eventuell freigewordenen Plätzen, sonst ärger ich mich gach noch (einmal).
Nach der Rast geht es runter zum Dientenbach, hier gab’s vor einigen Jahren Meldungen über eine zerstörte Brücke, was die Nordalpenwegswanderer durchaus vor ein Problem gestellt hat. Wie ich feststellen muss, liegt das Verstummen dieser Meldungen leider nicht daran, dass die Brücke wieder repariert wurde.
Nein, es wurde einfach der Umweg als der neue “Normalweg” beschildert. Plus 50 Minuten sicherlich, wieviele Kilo- und Höhenmeter will ich gar nicht wissen: ich darf das Tal recht weit hinausmarschieren und auf der anderen Bachseite wieder hinauf. (Generell will ich aber ein Lob an die Beschilderung loswerden: Obwohl die gelben Wegweiser hier vom Tourismus aufgestellt werden, findet sich die Bezeichnung des Alpenvereinswegs 01A auf jedem Wegweiser. Sonst bewerben die Touristiker ja nur ihre eigenen “Produkte”).
Die Jause auf der Pichlalm will dann auch verdient werden: erneuter Aufstieg, erneute Einkehr.
Beim Losgehen ist es bereits 16 Uhr, 2 Stunden soll ich laut Wegweiser noch brauchen. Einmal noch kurz hinauf, dann 500 Höhenmeter runter. Zum Schluss sprinte ich zum Bus, nur um in Hinterthal festzustellen, dass ich mich in der Uhrzeit vertan habe und die Eile gar nicht angebracht war.
Aber wenig später sitze ich im Bus in mein Nachtquartier (auswärts). 31 km, 2000 Hm, 11:15 Std., das nennt man einen erfüllten Wandertag.
Tag 33: Hinterthal – Maria Alm
Den gestrigen Überstunden folgt heute quasi der Zeitausgleich: ich nehm’ den späteren Bus, geh’ erst um 10 Uhr los und werde zur Mittagsstunde schon wieder fertig sein.
Besagter Bus lässt mich im hintersten Winkel von Hinterthal raus (gestern wollte ich wirklich nimmer weiter gehen), und vorerst geht’s bergab. Durch den Ort, über die Bundesstraße und dann ein wenig der rauschenden Urslau entlang.
Weiter geht’s über Wiesen (oft in der Diretissima) hinauf zu dem, was auf meiner Wanderkarte noch als Ghf. Jufenalm eingezeichnet ist. In der Realität steht da aber ein Luxusschuppen, der mit Gasthof oder Alm nur mehr wenig zu tun hat (trotzdem aber gut besucht ist, wie es scheint).
Also schnell weiter zum nächsten Wunder der Natur, auf den Gipfel des Natrun, wo sich ein Speicherteich breit gemacht hat. Das Plus: die Aussicht auf meine morgige Etappe, den Aufstieg zum Riemannhaus am Steinernen Meer.
Anschließend geht’s 100 Höhenmeter abwärts zur Bergstation zweier Seilbahnen (her endet das seit der Jufenalm vorhandene Touristengewusel wieder) und einer Skipiste folgend ins Tal nach Maria Alm, wo dieser Wandertag schon wieder endet.
Tag 34: Maria Alm – Ingolstädter Haus
Heute ist wieder der frühere Bus gefragt: 4 ½ Stunden soll laut den gelben Wegweisern der Aufstieg zum Riemannhaus dauern und das ist erst das halbe Tagesprogramm. Der Weg zum Hüttenparkplatz gibt nicht viel her, einmal versuche ich den Hatscher durch eine „schöne Abkürzung“ abwechslungsreich zu gestalten, nur der Weg ist alles nur nicht kürzer.
Vom Parkplatz geht es zwar auf einer Schotterstraße weiter, die ist aber mächtig steil, noch bevor ich die Talstation der Materialseilbahn erreiche, muss ich eine Pause einlegen. Den Weg bin ich umgekehrt schon mal gegangen (seinerzeit am Rupertiweg)
Bei der Materialseilbahn beginnt dann der eigentliche Steig. Stellenweise wurde er in den Felsen gehauen, andernorts wurden Stufen gebaut und fast durchgängig ist er mit Stahlseilen gesichert.
Zwischendurch beginnt’s mal zu tröpfeln, aber im großen und ganzen hält das Wetter durch. Das Riemannhaus ist ja derzeit wegen Umbauarbeiten nur eingeschränkt in Betrieb, alle paar Minuten kommt der Hubschrauber und bringt Baumaterial.
Schneller als gedacht komme ich oben an (3 ½ Std. ab Maria Alm) und hab mir eine Stärkung verdient. Gulaschsuppe und Skiwasser sind hier alles andere als billig, tun aber gut. Dann kaufe ich mir noch eine Flasche Wasser für den Weitermarsch.
Nochmal drei Stunden sollen es sein, quer durch die karge Felslandschaft des Steinernen Meers. Auch wenn sich die Höhenmeter nun in Grenzen halten (flach ist es aber nirgendwo), ist dieser Abschnitt fast anstrengender als der Aufstieg von Maria Alm.
Zu Beginn sieht man einmal kurz bereits das Ingolstädter Haus, dann verschwindet es aber wieder aus dem Blickfeld und zeigt sich erst wieder kurz vor der Ankunft. Nur wenige Wanderer begegnen mir in dieser einsamen Landschaft.
Um 15 Uhr ist es dann geschafft, ich erreiche das Ingolstädter Haus und gönne mir gleich mal eine große Porton Nudeln.
Dann beziehe ich meinen Platz im Lager und bekomme eine Dreier-Koje für mich alleine. Relativ früh geht es dann endgültig ins Bett. Morgen mchte ich früh starten und habe wieder eine längere Wegstrecke vor.
Tag 35: Ingolstädter Haus – Lofer
Frühstück gibt’s ab 6:30 Uhr, eine Viertelstunde später schnüre ich meine Wanderschuhe. Von der Hüttenterrasse blicke ich über das Steinerne Meer zum Hochkönig, irgendwann werde ich diese eindrucksvolle Route nachholen. Vom Hochkönig zum Riemmannhaus sind es 10-12 Stunden durch ein Gelände, wie ich es gestern nachmittag vorgefunden habe…
Der Abstieg führt zu Beginn wieder durch eine felsige/steinige Landschaft, dann geht es durch Latschen und lichten Wald zur Talstation der Materialseilbahn des Ingolstädter Hauses, welche ich nach etwa einer Stunde erreiche.
Nun habe ich eine lange Forststraßenwanderung vor mir. Zuerst hinunter zum Dießbachstausee, bevor ich dessen Staumauer überquere, wartet noch ein unerfreuliche Gegensteigung auf mich. Nach der Staumauer geht’s zur Kallbrunnalm, die aber links liegen bleibt.
Anschließend lange bergab bis zu einer Kreuzung nahe der Weißbachalm, von dort in einem weiten Bogen zu einem weiteren kleinen Stausee und über das Forsthaus Fulleck nach Hirschbichl an der Grenze zu Deutschland, wo es ein Gasthaus (Bergheim) gibt. Mittagspause – Kaiserschmarrn.
Nach der ausgiebigen Rast geht es weiter zur Eiblkapelle (kurz davor ein verdrehter Wegweiser, aber die Karte rettet mich vor Irrwegen) und wieder auf schmaleren Wegen zum Zulehengut und dessen Zufahrtsweg zu einer Kapelle, wo der Weg durch die Schlucht des Wildenbachs beginnt, der sich als sehr abwechslungsreich entpuppt.
In Wildenbach könnte ich auch bereits zur nächsten Bushaltestelle abbiegen, aber ich möchte heute noch bis Lofer kommen. Der Weg ist schön, aber es hat mittlerweile deutlich über 30°C, daher bin ich froh, irgendwann doch in Lofer anzukommen.
Während der Wartezeit auf meinen Bus hole ich bei einer nahegelegenen Tankstelle noch kühle Getränke für die Heimfahrt. Mit dem Bus geht’s fajre ich nach Zell am See und von dort mit dem Zug nach Hause.
Von Lofer stehen nun erneut zwei Routen für den Weiterweg zur Verfügung: entweder durch die Loferer Steinberger oder hinauf zur Loferer Alm, ich werde über die Almen gehen.
Und ich freu mich: Mein (Minimal-)Ziel für heuer am Nordalpenweg habe ich erreicht, eine Etappe wird sich aber sicher noch ausgehen, voraussichtlich komme ich sogar bis Kufstein (das wären noch ca. 4-5 Wandertage).