Eigentlich stand am langen Feiertagswochenende im August 2008 die Reichensteintraverse vom Eisenerzer zum Admonter Reichenstein am Programm, das nicht allzu stabile Wetter hat erst uns, dann nur mehr mich nach Alternativen suchen lassen.
Schnell war folgende fünftägige Tour entlang des 03er Weitwanderwegs geplant (es kam dann aber doch ein wenig anders):
1. Tag, Donnerstag: Bad Radkersburg – Spielfeld
2. Tag, Freitag: Spielfeld – St. Pongratzen
3. Tag, Samstag: St. Pongratzen – Soboth
4. Tag, Sonntag: Soboth – Lavamünd
5. Tag, Montag: Lavamünd – Bleiburg
Das Auto am Bahnhof Spielfeld geparkt und mit der ÖBB weitergefahren, komme ich um 7:45 Uhr am Bahnhof in Bad Radkersburg an und mein kleines Weitwanderabenteuer kann beginnen. Zuerst mache ich mich auf den Weg zum Radkersburger Hauptplatz auf die leider wenig erfolgreiche Suche nach einer geöffneten Bäckerei, um mir ein Frühstück zu besorgen. Weiter dann zur Mur, die hier die Grenze zu Slowenien bildet. Hier marschiere ich ein paar hundert Meter den “falschen” Weitwanderweg entlang – nämlich dem 07er (Grenzlandweg) – der hier von Norden kommend endet und beim Weitwanderstein nahe der Therme in “meinen” Weitwanderweg 03 übergeht.
Tag 1: Bad Radkersburg – Ehrenhausen (9h, 44.2 km, ca. 300 Hm)
Von der ersten Etappe hab ich mir eigentlich nicht so viel erwartet – wird wohl eher flach mit großem Straßenanteil – doch gleich nach dem Verlassen der Stadt überrascht mich der Weg, indem er in die Murauen führt und die ersten paar Kilometer spaziere ich auf dem Murdamm durch einen traumhaften Wald. Gerne würde ich bei den paar grünen Tümpeln schon die erste Rast eingelegen, doch es gilt, in Bewegung zu bleiben, um nicht allzuleichte Beute für die Millionenschaft an Gelsen zu werden.
Bald treffe ich auf den Murradweg, dem ich einige Kilometer folge, erst auf Asphalt, dann auf Sandstraße. Besten Dank an den „Herrn Inspektor“, wohl im Nebenberuf Obstbauer, für die Kostprobe seiner Äpfel, die zur freien Entnahme entlang des Weges dargeboten werden. Ich glaub, seit meiner Kindheit hab ich keine Schafnasen mehr gegessen.
Weiter spaziere ich entlang der Mur, dann am Röcksee vorbei zum Grenzübergang von Mureck. Die Stadt Mureck selber lasse ich rechts liegen – Kontrollstempel interessieren mich eh nicht – und folge dem Murufer zur Schiffsmühle samt Gasthaus, wo ich nach vier Stunden meine erste (und heute auch einizige) Rast einlege.
Frisch gestärkt marschiere ich nach einer halben Stunde weiter und schon bald wird klar, dass ich mein heutiges Etappenziel in Spielfeld früher als geplant erreichen werde. So fasse ich die Entscheidung, gleich bis Ehrenhausen weiterzuwandern um so die morgige Etappe zu verkürzen.
Obwohl die Karte und tw. auch die Wegweiser anderes vorschlagen, ist es zwischen Mureck und Spielfeld fast immer möglich, direkt an der Mur auf kleinen Wanderwegen zu spazieren, so ist diese Etappe weit schöner und angenehmer zu gehen als erwartet.
Nahe dem Schloss Spielfeld finde ich an einem Masten überraschenderweise ein kleines Holztäfelchen mit einer Muschel drauf, ein Zeichen, dass hier auch ein Zweig des Jakobsweges vorbeiführt (jener Ast der von Graz nach Maribor und von dort über Kärnten, Ost- und Südtirol weiter nach Innsbruck führt wo er auf den Österreichischen „Hauptweg“ trifft). Denke mir, ja, das wär auch einmal ein Projekt, von Graz aus geschätzte 3000 km. Ich folge jedoch dem Südalpenweg weiter und über einige asphaltierte Hügel gelange ich schließlich nach Ehrenhausen, wo ich wieder in den Zug steige, um erst zu meinem Auto in Spielfeld und dann nach Hause zu kommen.
Erkenntnis des Tages: ich kann auch 9 Stunden nur mit einer Pause durchmaschieren. Soweit bin ich wohl noch nie an einem Tag marschiert. Dementsprechend gut schlafe ich in meinem eigenen Bett ein, doch es gilt morgen früh aufzustehen, um den ersten Zug von Graz nach Ehrenhausen zu erwischen.
Tag 2: Ehrenhausen – St. Pongratzen (8 h, 23.3 km, ca. 1100 Hm)
Um 4:30 läutet mein Wecker. Um 4:35 tut er das noch immer. Langsam komme ich zu mir und draußen geht gerade ein heftiges Gewitter ab. Nein, so nicht! Ich stelle den Wecker um zwei Stunden vor, um den nächsten Zug zu nehmen. Hoffentlich endet meine Weitwanderung nicht hier im warmen, kuscheligen Bett…
Das Gewitter verzieht sich dann doch schneller als erwartet, aber für die Straßenbahn zum Bahnhof ist es nun zu spät. Also schnell mit dem Taxi zum Bahnhof, wo natürlich “mein” Zug ausfällt und ich eine Stunde am Bahnhof warten darf, so komme ich jedoch zu einem Frühstück.
Da für den Nachmittag Unwetter angesagt sind, kommt es mir nicht allzu ungelegen, dass sich der erste Teil der heutigen Etappe hauptsächlich auf Asphalt abspielt, da kann ich ein wenig Gas geben. Eine Stunde schneller als vom Führer prognostiziert, bin ich in Leutschach, obwohl ich immer wieder innehalte um fast reife Weintrauben zu klauen oder mich an Zwetschkenbäumen zu laben, die sich mir in den Weg stellen.
In Leutschach dann – oh Schreck! – die ersten Regentropfen. Bitte noch nicht jetzt! Doch nach ein paar Minuten ist der Spuk vorbei und ich mache mich auf den Weg hinauf zur Remschniggalm. Um dem Asphalt doch ein wenig zu entkommen, biege ich bei der ersten Gelegenheit auf einen markierten Weg ab. Der angegebene Name “Gstaudawauglsteig” hätte mir jedoch zu denken geben sollen, denn schon nach wenigen hundert Metern ist er total verwachsen und ich stehe im wohl namensgebenden Gestrüpp. So kämpfe ich mich weglos weiter, bis ich auf einer kleinen Straße wieder auf eine Markierung der Wegvariante 03A treffe.
Beim Gasthaus Pronintsch auf der Remschniggalm kreuze ich zum ersten Mal die Staatsgrenze zu Slowenien, es sollte nicht das letzte Mal sein. In den folgenden zwei Tagen werde ich oft nicht wissen, ob ich mich gerade in Österreich oder Slowenien aufhalte. Nun habe ich zwei Drittel der heutigen Etappe absolviert, mit dem Asphalt ist es bis Lavamünd auch vorbei. Das Wetter scheint zu halten und so lasse ich es nach dem Mittagessen gemütlicher angehen und kann den Weg und die Landschaft richtig genießen.
Die Remschniggalm kenne ich gut von diversen Wanderungen, erst ab dem Grenzübergang Oberhaag/Kapla folgt wieder ein mir unbekannter Wegabschnitt. Die Buschenschank Isaak nervt ein wenig mit ihrem übereifrigen Klapp-, Klapp-, Klapp-, Klapotetz, so verschiebe ich meine dort geplante Rast, um einen Kilometer und mache mich dort über die Vorräte in meinem Rucksack.
Noch vor 16 Uhr erreiche ich mein Etappenziel, das Gasthaus Legat (vlg. Wutschnig) in Pongratzen, wo ich das kleine Matratzenlager ganz für mich alleine habe. Und das obwohl meine telefonische “Zimmerreservierung” wohl irgendwo verloren ging. Mehr als eine kleine Jause gibt die Küche aber leider nicht her. Die angesagten Unwetter kommen erst, als ich schon an der Matratze horche, dafür donnert es dann die ganze Nacht.
Tag 3: St. Pongratzen – Laaken (8¼ h, 22.3 km, 900 Hm)
Nach den nächtlichen Gewittern scheint beim Frühstück schon wieder die Sonne. Wie ich aber bald feststellen muss, wird das heute nicht so bleiben. Kaum bin ich aufgebrochen, beginnt es zu nieseln. Was es dann mit Unterbrechungen auch fast den ganzen Tag tut.
Da ich heute nur eine kurze Etappe (7 Stunden laut Wanderführer) vorhabe und die Wetterprognose für den Nachmittag wieder besser ist, gehe ich den heutigen Tag bewusst gemütlich an und mache viele Pausen, in der Hoffnung, am Nachmittag vielleicht noch in den Genuss von ein paar Sonnenstrahlen zu kommen, was auch halbwegs klappt.
Der Weg beginnt mit einem kurzen, aber heftigen Steilstück zur Kirche Sv. Pankracija (St. Pongratzen) welche ein paar Meter jenseits der Grenze auf slowenischem Gebiet steht. Diese Kirche weist als Besonderheit eine Aussichtsplattform auf, welche man über eine Wendeltreppe im Kirchturm erreichen kann. Leider ist die Aussicht heute außer Betrieb, an schönen Tagen hat man hier einen wunderbaren Überblick über das steirische und slowenische Weinland, den ich schon öfters genossen habe.
Am Nachmittag soll hier noch eine Hochzeit stattfinden, nicht ganz uneigennützig wünsche ich dem Brautpaar bis dahin besseres Wetter. Damit auch alle wissen, dass ich da bin, läute ich die Glocke, steige wieder vom Turm herunter und marschiere in den Nieselregen.
Nach ca. eineinhalb Stunden erreiche ich das nächste Zwischenziel, die Kapunerhütte, eine unbewirtschaftete Hütte des Alpenvereins (Sektion Eibiswald). Dort kehre ich kurz ein, um zu jausnen, mich im Hüttenbuch zu verewigen und meine Wasserflaschen beim nahen Brunnen aufzufüllen. Ursprünglich hatte ich diese Hütte auch für eine Übernachtung in Betracht gezogen. Das wäre zwar sicher urig, aber nicht sonderlich bequem gewesen.
Entlang der Grenze geht es weiter, einmal macht mich ein Schild darauf aufmerksam, dass hier nicht weit nach “Jugoslawien” wäre. Ansonsten sind die ungezählten Grenzsteine mal rechts, mal links des Weges, der einzige Hinweis auf lang vergangene Zeiten, als hier der “Ostblock” anfing.
Nachdem ich die Radlpassbundesstraße quere und den dortigen Steinbruch hinter mir lasse versperrt mir eine kleine Kuhherde den Weg. Ich versuche sie zu vertreiben, doch die Kühe zeigen sich unbeeindruckt. Ein spontan abgeworfener Kuhfladen zeigt mir, was sie von meinem Ansinnen halten. Also gibt der Klügere nach und macht über den steilen Hang einen Bogen um die Rindviecher.
Um zu meinem Nachtquartier in Laaken/Soboth zu gelangen, stehen mir noch einige “Tiefenmeter” bevor, denn es geht hinunter nach Zweibach, dem Zusammenfluss zweier Bäche, die ich in dieser Größe hier nicht erwartet hatte. Ein wunderschönes Plätzchen, wäre auch ein netter Zeltplatz. Binnen kurzer Zeit geht es von 1050 Meter Seehöhe hinuter auf unter 500 und dann wieder hinauf auf 900 zum – wie sich mein Führer (zurecht) ausdrückt – gut geführten Gasthaus Strutz, wo ich bestens esse, trinke und schlafe.
Tag 4: Laaken – Lavamünd – Bleiburg (9½ h, 36 km, 1250 Hm)
Heute sollte eigentlich der vorletzte Tag meiner Tour werden, wie es sich später herausstellen soll, wird sie jedoch bereits heute Abend enden.
Von meinem Quartier setze ich den Aufstieg fort, durch den Wald hinauf, bis zur Kirche Sv. Urban. Auch diese Kirche steht, wie einige andere entlang der Grenze, nur knapp auf slowenischem Gebiet. Die Grenze mitten durch die Kirche ziehen wollte man aus praktischen Gründen wohl nicht.
Weiter geht es dann zum Jantschkifels, der das Dreiländereck zwischen Slowenien, Kärnten und der Steiermark bildet. Der Weg ist zwar relativ flach, doch bremsen mich nun die vielen Schwarzbeeren, die für ordentlich blaue Finger sorgen. Im darauf folgenden ersten Kärntner Abschnitt des Weges wartet nun der höchste Punkt meiner Wanderung, der Hühnerkogel, zwar nur 1522m hoch, aber mit schöner Aussicht nach Slowenien ausgestattet. Kurios mutet eine (alte?) Wegmarkierung an, welche den Wanderer zum Umkehren auffordert, da dieser Zweig des Wanderwegs an der Staatsgrenze endet.
Aber ich muss sowieso nach kurzer Rast umkehren um zum 03er zurückzukehren, nehme für einige Zeit Abschied von der Staatsgrenze und beginne den Abstieg ins Lavanttal. Dabei treffe ich schnell auf einen alten Bekannten, den Mariazellerweg 06, welcher hier von Klagenfurt kommend und über Eibiswald und Graz nach Mariazell führt. Bis Lavamünd verlaufen Mariazellerweg und Südalpenweg gemeinsam. Die knapp 1200 Höhenmeter sind schnell verloren und so bin ich gegen 13 Uhr bereits vor den Toren Lavamünds, wo ich eigentlich übernachten wollte.
Den ersten der drei großen Abschnitte des Südalpenweitwanderwegs habe ich nun absolviert. Bis hierher hätte ich mir die „bronzene Weitwandernadel“ verdient, wenn ich denn fleißig die Stempel bei diversen Wirtshäusern gesammelt hätte. Was mir aber zu mühsam ist, lieber schreib ich einen Bericht für meinen Blog.
Da ich den Nachmittag nicht in Lavamünd totschlagen will, muss ich mir Alternativen überlegen. Die Wanderung hier enden zu lassen, kommt schon deswegen nicht infrage, da es am heutigen Sonntag keine Möglichkeit gibt, mit öffentlichen Verkehrsmitteln von hier abzureisen. Das hatte ich bereits im Vorfeld recherchiert.
Also stehe ich vor der Wahl, hier zu bleiben und mich den Nachmittag zu langweilen oder die morgige Etappe auch gleich anzuhängen und nach Bleiburg weiterzugehen. Bis zur Abfahrt des letzten Zuges in Bleiburg bleiben mir 4¼ Stunden, mein Führer meint, ich solle fünf Stunden bis dorthin einplanen, doch diese Zeiten waren für mich meist zu hoch gegriffen. Einen – noch nie gehörten – Kömmelgupf gilt es jedenfalls noch zu überqueren, 700 Höhenmeter rauf und wieder runter.
Also lege ich einen Zahn zu und mache mich auf durch den Politschkagraben, vorbei an ein paar Gehöften und immer schmaler werdenden Forststraßen geht es aufwärts. Da ich schon ziemlich müde bin, und einfach nur weiterkommen will, verzichte ich zwischendurch aufs Kartenlesen und weiß zwischendurch oft nicht mehr so genau, wo ich gerade bin.
Deswegen gönne ich mir erst eine Pause, als ich unvermittelt wieder vor einem Grenzstein stehe, der auch in der Karte verzeichnet ist. Da bin ich sicher, noch am richtigen Weg zu sein und vor allem noch ausreichend Zeitreserven zu haben.
Den Gipfel des Kömmelgupfs bekomme ich nie zu sehen, da der Weg bereits vorher ins Tal abzweigt. Viel versäumt habe ich wohl nicht. Wieder geht es zügig bergab und bald stehe ich am Hauptplatz von Bleiburg, dreieinhalb Stunden habe ich nur von Lavamünd gebraucht. Nun kann ich gemütlich zum etwas außerhalb gelegenen Bahnhof spazieren und von dort – einen Tag früher als geplant – die Heimreise antreten.
Während ich am Bahnhof auf den Zug, oder besser Schienenersatzverkehr, nach Wolfsberg warte schaue ich sehnsüchtig hinauf zum nächsten Ziel, der Petzen mit der Feistritzer Spitze (mit 2113m immerhin schon ein richtiger Berg) und überlege, ob ich nicht doch noch meinen „gewonnenen“ Tag nutzen sollte, um gleich weiter nach Bad Eisenkappel zu gehen.
Nach einigem hin und her lasse ich es doch bleiben, als Hauptausrede dient mir, dass ich für diesen Abschnitt kein Kartenmaterial mehr mithabe.
Aber ich verspreche mir, ich komme wieder! 2009 wird sicher wieder ein Stück des 03ers fällig!
Link: Fortsetzung der Tour über die Petzen (auch wenn es bis 2013 gedauert hat)
Hallo Gert!
Dieser Bericht fehlt uns noch auf der Webseite – wir haben natürlich in vorauseilendem Gehorsam Deinem Ratschlag Folge geleistet und sind gleich am nächsten Tag von Bad Radkersburg am Südalpenweg weitergegangen. Morgen früh starten wir von Klagenfurt nach Ferlach, um von Waidisch aus das Ferlacher Horn in Angriff zu nehmen. Übers Wochenende geht’s dann über die westlichen Karawanken weiter nach Rosenbach – perfekte Ein- und Ausstiegspunkte mit Zugverbindungen nach Graz … falls Du Dich für ein spontanes Wanderwochenende entscheidest!
cheers,
-hans