Gestatten, Salzsteigweg! Vom kürzesten der zehn großen Weitwanderwege Österreichs ist hier die Rede.
Mit der Nummer 09 versehen verbindet er das Mühlviertel via Linz, dem Toten Gebirge und den Nockbergen mit dem Wurzenpass an der slowenischen Grenze. Um Österreich am 09er von Nord nach Süd zu durchmessen muss der Wanderer (das wäre dann also ich) eine Distanz von 430 km überwinden.
Bisher habe ich diesem Weg nur wenig Beachtung geschenkt. Doch heuer hat mir Weitwanderer Smeki diesen Weg mit seinen Berichten schmackhaft gemacht, der in großen Teilen ein ideales Zwischensaisonprojekt ist.
Tag 1: Bad Leonfelden – Sternstein – Oberneukirchen – Lichtenberg
Über weite Strecken bietet der Salzsteigweg von Graz aus erträgliche Anreisezeiten. Nur heute, fürs allererste Mal muss ich ganz hinauf in den Norden Oberösterreichs.
Abfahrt in Graz ist um 6 Uhr, das Auto parke ich in Steinbach an der Steyr, wo ich den Bus um 8:05 Uhr zum Bahnhof Rohr/Bad Hall nehme. Um 8:50 geht’s mit dem Zug weiter nach Linz, von wo mich nach einer halben Stunde Aufenthalt der Postbus nach Bad Leonfelden bringt. Dort komme ich pünktlich um 10:31 am Hauptplatz an.
Nun wartet noch eine gute Stunde Fußmarsch bis ich am Sternstein, dem Ausgangspunkt des 09ers, stehen werde.
Während der Fahrt hat es (teilweise in Strömen) geregnet, nun ist es stark bewölkt, aber trocken. Das wird hoffentlich so bleiben, denn der Wetterbericht für heute ist eher pessimistisch.
Ein weiteres, nicht unwesentliches, Detail offenbart sich bei der Hinfahrt: die Gegend ist weit hügeliger als gedacht, da werden wohl einige Höhenmeter zusammenkommen.
Das am Weg zum Gipfel aufgenommene Foto des nebligen Waldes würde ich gerne mit dem Tourismuswerbung-erprobten Slogan “Mystisches Waldviertel” untertiteln, doch leider befinden wir uns hier im Mühlviertel. Das sähe man wohl nicht so gerne.
Die Aussicht vom Turm am Sternstein beschränkt sich auf die im Wind vorbeiziehenden Nebelfetzen. Daher mache ich mich schnell wieder auf den Weg, denn zwischen mir und meinem reservierten Quartier liegen noch ca. 30 Kilometer und es ist schon Mittagszeit.
Beim ersten 09er Taferl noch schnell ein Foto, dann starte ich in das neue Abenteuer. Vorerst geht es für längere Zeit bergab, nach wenigen Minuten beginnt ein heftiger Graupelschauer, der mich zu einem warmen Kakao in der Waldschenke motiviert.
Und während ich dort sitze, kommt mir ein kühner Gedanke: Könnte ich bitte einen Stempel für meinen Wanderführer haben? Normalerweise sammle ich diese ja nicht, aber bei der ersten Kontrollstelle kann man ja eine Ausnahme machen. Den nächsten Stempel hol ich dann an der slowenischen Grenze!
Mein Problem, ich kenne mich ja: Ist der erste Stempel einmal im Wanderbuch, dann will ich sie alle haben.
Als ich wieder aus der Hütte trete, traue ich meinen Augen nicht: Große, dicke Flocken fallen vom Himmel. Da ich schnell weitere Höhenmeter verliere wird aus den Flocken bald Schneeregen, später Regen.
Ich komme zwar zügig voran, aber das viele Auf und Ab beginnt sich trotzdem zu summieren. Asphalt gibt es öfters zwischendurch, aber immer nur wenig befahrene Straßen, kaum ein Auto sehe ich unterwegs. Immerhin eine Mitfahrgelegenheit wird mir angeboten, freundliche Leute hier!
Mit Markierungen geizt der 09er bisher, 142 lautet die Wegnummer der Wahl bis Oberneukirchen, meist ist diese gut zu finden.
In Oberneukirchen ist der nächste Stempel fällig, beim Lindenwirt wird dieser gleich mit heißem Tee und Nusspalatschinken zu einer vollwertigen Pause ergänzt. Das Wetter gibt vor der Einkehr Anlass zur Hoffnung, doch danach regnet es stärker als zuvor. Logische Konsequenz: Für heute sind die weiteren Pausen gestrichen…
Auf rutschigen Wegen marschiere ich vorbei an der Ruine Lobenstein hinunter ins Tal der Großen Rodl. Erst Wiese, dann Straße, bei einem Buswartehäuschen tausche ich optimistisch Regenjacke gegen Fleece. Schuhe und Hose sind ohnehin schon lange durchnässt. Nun muss ich 700 Höhenmeter zur Giselawarte am Lichtenberg hinaufsteigen, noch etwa 10 Kilometer.
Die Steigung bringe ich schneller hinter mich als gedacht, bald erreiche ich die Abzweigung zur Eidenberger Alm. Dort wollte ich eigentlich übernachten, aber man hatte kein Zimmer für mich frei, auch der benachbarte Lamahof nicht. Es gibt also keinen Grund, den Umweg über die Alm zu gehen.
Außer dem Kontrollstempel, der dort zu holen wäre. Aber ich widerstehe und gehe weiter zur Giselawarte, die ich erfolglos nach einem Stempel absuche, meine Quartiergeberin wird wohl als Ersatz herhalten müssen.
Die Aussicht von der Giselawarte ist merkwürdigerweise die selbe wie am Sternstein. Hat man eine Warte im Nebel gesehen, kennt man sie alle!
Jetzt nur mehr runter, vorbei am Wirtshaus auf der Gis. Dort verwirrt mich ein selbst gebasteltes Wegumleitungsschild und schickt mich durch eine nasse Wiese. Tipp: links am Wirtshaus vorbeigehen und nicht der Variante 09A folgen.
Knapp vor Lichtenberg verlasse ich die Salzsteigwegmarkierung und biege links ab zur Gisstraße, in welcher sich der Ferienhof Edelfellner befindet.
Nach einer langen, heißen Dusche mache ich mich über die Vorräte in meinem Rucksack her.
Gute Nacht! Ich habe eine Ferienwohnung ganz für mich allein und schlafe wie ein Stein.
Tag 2: Lichtenberg – Linz – St. Florian
Da für heute nur eine kurze Strecke angesagt ist, lasse ich mir bis 8 Uhr Zeit, dann gehe ich los. In der Früh begrüßt mich blauer Himmel!
Bis Linz führt der Weg fast ausschließlich bergab, abwechselnd auf Waldwegen und Nebenstraßen.
Als ich die Zivilisation erreiche, prüfe ich den Fahrplan der Pöstlingbergbahn, aus dreierlei Gründen will ich auf den Linzer Hausberg.
Einerseits, weil es sich um die steilste Adhäsionsbahn der Welt handelt, andererseits beginnt dort oben der oberösterreichische Zweig des Mariazellerwegs. Da mich dieser bis morgen auf meiner 09er Route begleiten wird, nehme ich die ersten paar Kilometer auch gleich mit. Und einen schönen Ausblick auf Linz sollte ich drittens vom Pöstlingberg obendrein haben.
Am “Gipfel” kehre ich wieder für eine kurze Kakao- und Stempelpause ein. Anschließend folgt der recht steile Abstieg nach Urfahr und bald erreiche ich wieder den Salzsteigweg. Doch die Markierungen setzen hier aus, ein langer, relativ schnurgerader Weg durch Linz steht nun bevor.
Im Nachhinein mein Tipp: Bei der Haltestelle Rudolfstraße in die Straßenbahnlinie 2 einsteigen und gemütlich bis zur Station Hartheimer Straße direkt am 09er chauffieren lassen, man spart sich da einiges an Asphalt.
Nach der Überquerung der Traun hat der urbane Teil des Weges sein Ende, laut meiner Karte führt der Weg hinauf zum Schloss Ebelsberg und durch dieses hindurch. Markierung finde ich zwar keine, aber der Weg ist schöner als weiterhin auf der Wiener Straße zu gehen.
Schließlich muss noch die A1 unterquert werden, dann hat der Linzer Asphalt endgültig ein Ende. Herrliche Wiesenwege warten nun auf mich. Und da es nur mehr wenige Kilometer bis St. Florian sind, kann ich mir viel Zeit lassen.
Mein Quartier für diese Nacht finde ich im Gästehaus des Stifts St. Florian. Gerne wäre ich noch ein paar Kilometer weiter gewandert, habe aber in den folgenden Ortschaften keine Übernachtungsmöglichkeit gefunden.
Tag 3: St. Florian – Sierning – Steinbach/Steyr
Wieder ein langer Tag, 39 km laut Büchlein. Daher bin ich froh, dass ich die Frühstückzeit in der Stiftstaverne auf halb acht herunterhandeln kann. 15 Minuten später bin ich am Start, leiste mir aber prompt einen Vergeher im Dorf, obwohl ich gestern schon den Weg zum nächsten Supermarkt erkundet habe.
Beim ersten Hof, welchen ich passiere macht mich ein Schild darauf aufmerksam, dass es sehr wohl ein Quartier etwa 10 km hinter St. Florian gibt. Von der Existenz des Schilds wusste ich zwar, aber leider war nicht in Erfahrung zu bringen, was darauf steht.
Zu Beginn verläuft der Weg heute sehr gemütlich durch scheinbar endlose Raps- und Weizenfelder.
Knapp vor Losensteinleiten schwenkt der Weg auf eine Schleife zur Wallfahrtskirche Maria Laah ein, der Schlenkerer ist wohl dem Mariazellerweg geschuldet. Kurz bin ich versucht, die Abkürzung über die Hauptstraße zu nehmen. Dann aber hätte ich die sogenannte Pfaffenstiege versäumt, die offensichtlich eine lange Geschichte aufweisen kann.
Nach Losensteinleiten trennt sich der Mariazellerweg von meiner Route, nach links ginge es am 06er Richtung Steyr und Waidhofen/Ybbs weiter. Für mich folgt ein eher monotoner Abschnitt. Wickendorf, Loibersdorf, Pachschallern heißen die Ortschaften, wenigstens gibt es nicht allzu viel Asphalt bis ich Sierning erreiche.
Der Wiesenweg, der mich aus Sierning wieder herausführt, wird gerade von zwei Senioren per Sense gemäht – dankeschön für den guten Service! Jetzt marschiert es sich wieder abwechslungsreich dahin, am Horizont lassen sich auch schon die ersten ‘richtigen’ Berge erkennen. Doch diese werden bis zur nächsten Etappe auf mich warten müssen…
Waldneukirchen muss ich noch durchqueren, dann hinauf bis zur Hohen Linde und schon beginnt der finale Abstieg nach Steinbach an der Steyr.
Um 16:30 Uhr überquere ich schließlich das grüne Wasser der Steyr und besorge noch schnell eine Erfrischung. Nach einer kurzen Rast im Schatten der Kirche geht es ab nach Hause, obwohl ich eigentlich noch gerne einen Tag weitermarschiert wäre. Oder zwei. Oder drei.
Fazit: Der Salzsteigweg hat mich außerst positiv überrascht und wird mich sicher wiedersehen.
Als nächstes führt der Weg hinauf zur Grünburger Hütte auf 1080m. Anschließend wieder hinunter zur Steyr, der für längere Zeit gefolgt wird. Für die nächste Etappe bietet sich der Abschnitt bis zum Bahnhof Hinterstoder an, das wären etwa 43 Kilometer. Und von dort dann drüber über die Ausläufer des Toten Gebirges ins Ennstal.
Hallo Gert, ein schöner Artikel mit tollen Fotos. Auch wenn ich dich um das Wetter des ersten Tages nicht unbedingt beneide 😉 Aber die Landschaft sieht trotzdem toll aus. Vielleicht komme ich mit Packpony ja auch mal nach Österreich, da werde ich mir vorher sicher noch einige Inspirationen aus deinem Blog holen!
Liebe Grüße, Sarah
Toller Bericht, wie immer! Gut, der erste Tag war Pech, doch ansonsten scheinst du’s ja sehr gut erwischt zu haben. Wir stehen in Sierning, Du hast uns also an einem WE überholt.
Cheers!
@Sarah: Was die im Kloster wohl zum Pony gesagt hätten? Andereseite, die haben einen schönen Innenhof, da könnte es ein bissl grasen 😉
@Hans, ein bissl einen Vorsprung habts ja noch durch einen Ausflug ins Tote Gebirge seinerzeit. Darauf freu ich mich auch schon, aber jetzt kommt erst mal das Steyrtal, das soll auch sehr fesch sein!
Und den Turrach-Stempel hol ich mir bei dir persönlich!
hi,
fescher bericht vielen dank!
Das obere Mühlviertel ist sowieso eine ganz tolle Gegend und auf der ‘GIS’ war ich auch schon ein paar Mal (schon auch, aber nicht nur wegen des guten Mosts beim Wirten daneben 😉 )
lg,
aniTa
wieder mal ein ausgezeichneter Bericht!
Lieber Gert,
heuer möchte ich von Linz nach Arriach gehen um über den AAT zu unserem Ferienhaus in Kolbnitz zu kommen. In den letzten 3 Jahren bin ich mit meinen Wald/4lern den Jakobsweg von Wien nach Innsbruck gegangen und war überaus zufrieden. Wenn ich nun den 09 (über die Türkenkarscharte) gehen will, ist das auch mit meinen geliebten Wald/4lern möglich? Oder soll ich _richtige_ Bergschuhe ihnen vorziehen?
Vielen Dank für Deine Hilfe und liebe Grüße aus Wien,
Henrike.
Hallo Henrike!
Wenn ich meine Fotos von damals anschaue, war ich durchs Tote Gebirge mit meinen Merrell Moab GTX unterwegs. Dann müssten es die Waldviertler eigentlich auch tun.
Mit Fels kommt man dort nie in Kontakt, aber das eine oder andere steile Wegerls ist dabei.
Liebe Grüße,
Gert
Hallo Gert!
Vielen Dank für deine rasche UND für mich positive Antwort! Ergänzend wäre noch zu sagen, dass ich die Wald/4ler “Tramper” habe, also die _über_ die Knöchel gehen und steilere Wegerln hab’ ich damit auch schon “bezwungen”.
Außerdem vielen Dank auch immer wieder für die schönen Beschreibungen und Fotos deiner Touren.
Liebe Grüße,
Henrike.